Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Geschichts-Bilder - S. 391

1878 - Langensalza : Greßler
391 großen Vorrechte, ohne die Verpflichtungen zu erfüllen, uuter denen er sie früher erlangt hatte. Die einträglichsten Aemter des Staates, die reichsten Pfründen waren in seinem ausschließlichen Besitze; nicht Verdienst, sondern Geburt gab Ansprüche zu denselben. Viele Stellen waren sogar käuflich, als ob man mit dem Amte auch die Fähigkeit zu demselben kaufen könnte. Dazu waren gerade die reichen Grundbesitzer von allen Abgaben frei, die der Bürger- und Bauernstand allein aufbringen mußte. Ja, es schien fast, als seien diese zu keinem andern Zwecke da, als durch Schweiß zu erringen, was jene muthwillig vergeudeten. Nicht viel besser war das Loos des ärmeren Landadels und der niederen Geistlichkeit, auf die der hohe Adel mit gleicher Geringschätzung herabsah. Dadurch wurde die Unzufriedenheit eine brennende Sehnsucht und eine verzehrende Flamme. Verstand und Leidenschaft strebten nach gleichem Ziele; ihnen vermochte nichts zu widerstehen; der Geist, der einmal den Anstoß empfangen hatte, stand in seinen Bahnen nicht still. Ueber jene unverlierbaren Menschenrechte hatten auch die beredtesten Männer in Frankreich dem Volke viel Wahres und Falsches gesagt. Voltaire, Rousseau und Andere hatten eine Menge neuer^Freiheits-Gedanken angeregt. Vor Allem aber war der dritte Stand, die Bürgerklasse, der neuen, treibenden Gedanken voll. Dieser Stand, welcher noch vor 400 Jahren kniebeugend und fast stumm auf den Reichstagen erscheinen mußte, warf, als seine Zeit gekommen war, den Adel und die Geistlichkeit sammt dem Throne des Königs vor sich nieder, weil sie ihm die Laufbahn versperrten, welche er sich auf einmal mit unwiderstehlicher Gewalt eröffnete. ___________ Wegen großer Geldverlegenheit, da alle Steuern zu den Bedürfnissen des Staates nicht ausreichen wollten, und wegen mancher anderen Verlegenheit berief der König am 1. Mai 1789 die Stände des Reiches zusammen. Sein Minister Necker hatte das Verhältniß der 1200 Abgeordneten so bestimmt, daß die Hälfte aus Vertretern des Bürgerstandes bestehen sollte. Ein gefährliches Verhältniß, welchem die Stimme des großen Haufens ein noch bedeutenderes Gewicht geben konnte; denn die Versammlung sollte zu Versailles, in der Nähe der Hauptstadt, mit ihren Tausenden müßiger, verwegener Menschen, stattfinden. Das war ein Hauptfehler, den die Hofpartei beging. Zur Berathung über die Steuern waren die Abgeordneten berufen, aber der dritte Stand wollte mehr; er verlangte eine neue und bessere Verfassung. Besonders sollten die begünstigten Stände, der hohe Adel und die hohe Geistlichkeit, verbältnißmäßig zu den Lasten des Staates mit beitragen, damit der Bürger und Landmann erleichtert werde. Dagegen weigerten sich die Bevorzugten.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer