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1. Teil 1 - S. 13

1882 - Leipzig : Brandstetter
Deutschland jetzt und ehemals. 13 und finsterer war und einen ganz andern Eindruck machen mußte, als nach Vollendung der Rodungen seit dem 10. bis 12. Jahrhundert. Jedenfalls war die Menge und Häufigkeit der Niederschläge und zumal der Nebel viel größer. Gleichwohl nennt es Tacitns „ziemlich fruchtbar". Übrigens bemerkt er, daß nicht das ganze Germanien gleich an Boden, Landesart und Klima sei; nur im allgemeinen nennt er es starrend von Urwald oder von Sumpf entstellt: feuchter im Westen gegen Gallien hin, in den Rheinniederungen, windiger in der Richtung gegen Pannonien und Noricum, also östlich und südöstlich. Und es lernten die Römer allmählich sehr wohl die traurige norddeutsche Tiefebene mit ihrem Sand oder Sumpf unterscheiden von dem schönen mitteldeutschen Hügelland. Die trostloseste Schilderung vou germanischem Land, Volk und Leben, die des Plinius von dem Chanken-gebiete, gilt den stets den Meeresfluten ausgesetzten Küstenniederungen. Er sagt, nachdem er ausgeführt, wie arm und elend das Leben der Menschen sein müßte ohne die wohlthätigen Gaben der Fruchtbäume, daß es wirklich Volker in solchem Elend gebe: im Orient, „aber auch im Norden habe ich mit Augen die Völkerschaften der Chanken gesehen. Bei ihnen erhebt sich der Ozean zweimal in 24 Stunden ungeheuer und bedeckt abwechselnd ein Gebiet von bestrittener Natur, ungewiß, ob zum Festland gehörig oder zur See. Dort bewohnt das beklagenswerte Volk hohe Hügel oder auch Brettergerüste, mit der Hand nach dem höchsten Flutmaß errichtet, auf welchen dann die Hütten angebracht werden, ähnlich zur Flutzeit dem Leben am Bord von Schiffen, zur Ebbezeit ähnlich Schiffbrüchigen: sie machen in der Nähe ihrer Bretterhütten Jagd auf die mit dem Meer zurückfliehenden Fische. Ihnen ist es nicht vergönnt, Haustiere zu halten und von deren Milch zu leben, gleich ihren Nachbarn, ja nicht einmal mit den wilden Tieren zu kämpfen, da weit und breit kein Strauch vorkommt. Schilf und Sumpfbinsen flechten sie zu Stricken, daraus Netze zum Fischfang zu fertigen. Mit den Händen tragen sie feuchten Schlamm zusammen, trocknen ihn, mehr am Wind als an der Sonne, und Bereiten darin ihre Speisen, die vom Nordwind erstarrten Glieder zu erwärmen. Zum Getränk dient ausschließlich Regeuwasser, gesammelt in Gruben in dem Hose des Hauses." Durchaus nicht übertrieben wird fein, was Plinius von einzelnen Erscheinungen des Urwalds beuchtet: daß die starken Wurzelarme der ungeheuern Bäume, wo sie aus einander stießen, unterhalb der Erdoberstäche den Rasen, die Erdschollen aufhoben, daß hin und wieder diese Wurzeln oberhalb der Erde hohe Bogen bildeten, bis zu den Ästen emporsteigend, und die in einander verwachsenen Äste solcher Wurzelbogen mögen wohl auch einmal hoch und weit genug den Weg überspannt haben, um Reiter hindurchziehen zu lassen. Völlig glaubhaft ist, daß solche Riesenbäume samt dem breiten, von diesen Wurzeln festgehaltenen Erdreich durch Wasser und Stürme losgerissen, aufrecht stehend in den Strömen und im Meere trieben, Schiffen mit Mast und Tauwerk vergleichbar und, wenn sie zur Nachtzeit entgegentrieben, selbst römische Schiffe bedrohend. Ganz ähnliches wird
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