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1. Teil 1 - S. 71

1882 - Leipzig : Brandstetter
Einwirkung Roms auf die Germanen zur Zeit des Kaisers Augustus. 71 Rheinarmee war ein höchst kostbares Material, welches mit möglichster Schonung gebraucht werden mußte. Die deutschen Feldzüge gehörten zu den kostspieligsten, der Verbrauch an Pferden, Saumtieren und technischem Material war ein außerordentlich großer, und so mochte eine Zeit der Erholung und Sammlung geboten erscheinen. Daneben mußte Augustus zu seinem höchsten Unwillen erleben, daß der bisher so energisch bewährte Tiberins von allen Staatsgeschäften zurücktrat und sich seit dem Jahre 6 v. Chr. für lange Zeit zu Rhodus in einsamer Zurückgezogenheit verbarg und dadurch den Kaiser in große Verlegenheit brachte. Rom war damals nicht reich an mannhaften Heerführern und Staatsmännern. Und zu der Schwierigkeit der Auswahl tüchtiger Heerführer, denen man ohne Sorge das Kommando der großen Rheinarmee anvertrauen konnte, kam die neue Sorge, welche die zwischen der mittleren Donau und der Ostsee jäh aufschießende Macht des jungen deutschen Königs Marbod in Rom hervorrief. Bei solcher Lage der Dinge begnügte man sich für den Augenblick, die norddeutschen Eroberungen einfach zu behaupten, hie und da auszurunden und einstweilen die römische Civilisation unter dem achtunggebietenden Schutze der acht rheinischen Legionen wirken zu lassen. Und diese allerdings hat mit zunehmender Gewalt, bis zu der großen Katastrophe am Teutoburger Walde, die frischen, starken Germanen mit ihren Lockungen zu fesseln und zu berauschen vermocht. Je länger die Beziehungen zwischen Rom und Deutschland dauerten, um so zahlreicher wurden die Deutschen der verschiedensten Stämme, die zu Zwecken der verschiedensten Art nach Rom zogen. Damals zuerst erwachte mit wachsender Stärke in den, idealen Empfindungen so sehr zugänglichen Herzen der Deutschen jene Sehnsucht nach dem schönen, sonnigen, von den Göttern mit so berauschenden Reizen geschmückten Süden, die heute noch in der deutschen Kultnrwelt lebt. Der magische Zauber von Rom, dem nachmals und nach Jahrhunderten die großen Gotenhelden, die Alarich und Athanls, die Theodorich und Totilas nicht widerstanden, dieser Zauber, vor dem die Jugendblüte des letzten Sprossen aus dem edelu Hause der harten sächsischen Lndolfinger dahinwelkte, an dem die Lebenskraft der letzten großen Hohenstaufen verblutete, — wirkte jetzt mit feiner ganzen zugleich blendenden und betäubenden Kraft auf die Gemüter der frischen, harmlos naiven Söhne des Nordens, die jetzt über die Alpen zogen hinab nach der Hauptstadt der Welt. Alle rührende Schönheit Italiens, aller Reichtum des Landes; aller Prunk, alle Kunst und Schönheit, wie sie Rom damals zeigte, geputzt wie es war mit dem Raube des Erdkreises; alle Majestät, aller Pomp, aller Waffenglanz des Kaisertums, wie sie auf dem Palatin, auf dem Forum, im Cirkus, auf dem Marsfelde sich in imposanter Pracht entfalteten, — mußten wahrhaft sinn- und herzberanschend aus diese jugendlichen Germanen einwirken, mußten die einen fesseln und bezaubern, die andern an jedem Gedanken des Widerstandes gegen diese Macht irre werden und verzweifeln lassen.
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