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1. Teil 1 - S. 415

1882 - Leipzig : Brandstetter
der deutschen Juden im Mittelalter. 415 bürg, waren sie weniger zahlreich und hatten keine so feste Gemeinde- verfassung, wie in den alten, größtenteils aus der Römerzeit herstammenden Bischofsstädten an Rhein und Donau. Bis zu den Kreuzzügen scheinen die Juden im wesentlichen nicht anders als die übrigen Einwohner der Städte behandelt worden zu sein. Sie lebten vom Handel und wurden durch die Obrigkeiten geschützt. Im Jahre 1084 weist Bischof Rüdiger von Speier den Inden seiner Stadt ein mit Mauern umgebenes Stadtviertel an, um sie vor Belästigungen des Pöbels zu sichern, erteilt ihnen völlige Handelsfreiheit in der Stadt und bis zum Hafen, das Recht, Grundbesitz zu erwerben, einen Begräbnisplatz, eigene Gerichtsbarkeit, die Befugnis, christliche Dienstboten zu halten, Fleisch an Christen zu verkaufen, welches sie selbst nicht essen dürfen u. s. w. König Heinrich Iv. bestätigte und erweiterte 1090 diese Rechte; er sicherte den Juden von Speier Handels- und Zollfreiheit im ganzen Reiche zu, niemand soll gegen ihren Willen ihre Sklaven kaufen, bei Rechtsstreitigkeiten mit Christen soll jeder den Beweis nach seinem Recht führen, Gottesurteile sollen nicht gegen sie angewendet werden, den Eid sollen sie nach ihrem Gesetz leisten; Verbrechen gegen sie sollen streng geahndet werden. Während im Jahre 1090 die Juden Speiers den Kaiser darum bitten, sie in seinen Schutz zu nehmen, tritt im späteren Mittelalter die besondere Auffassung hervor, daß die Juden im ganzen Reiche schon an sich dem Kaiser unterworfen und seine Knechte seien, daß sie von ihm überall geschützt würden und für diesen Schutz ihm überall zu Abgaben verpflichtet seien. Als nämlich während der Kreuzzüge der Pöbel durch die Geistlichkeit und durch beutesüchtige Ritter gegen die Juden zu wildem Fanatismus erregt war und in schaudervvllen Scenen das Blut Christi an ihnen zu rächen meinte, waren Landesherren und Obrigkeiten fast überall zu schwach oder zu lässig, um ihnen wirksame Hilfe zu leihen und dem gesetzlosen Treiben ein Ende zu machen. Da erachtete es der Kaiser als seine Aufgabe, sie in seinen Schutz zu nehmen und es auszusprechen, daß sie gegen jede Gewaltthat zu schützen seien. Zuerst that dies Heinrich Iv., welcher in dem Landfrieden von 1103 thuen, ebenso wie den Kirchen und Geistlichen, eidlich Sicherheit versprechen ließ. Ebenso erteilte während des zweiten Kreuzzuges König Konrad Iii. den Inden, welche sich in ihrer Not an ihn wandten, seinen besonderen Schutz. Aus diesem Schutze, welchen die Kaiser ihnen thatsächlich gewährten und infolge der von ihnen selbst anerkannten Pflicht, den Bedrängten überall im ganzen Reiche gegen ihre Unterdrücker beizustehen, entwickelte sich allmählich die Auffassung, daß die Juden, gleichviel an welchem Orte und unter welchen Beamten, Obrigkeiten und Landesherren sie wohnten, sich im Schutze des Kaisers befänden und ihm für diesen Schutz zu Abgaben verpflichtet feien. Man nannte daher die Juden des Kaisers ^Kammer-knechte". Bestimmt ausgedrückt kommt diese Kammerknechtschaft erst am Anfange des 13. Jahrhunderts, unter Kaiser Friedrich Ii. vor. Als Kammer-
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