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1. Teil 1 - S. 441

1882 - Leipzig : Brandstetter
Der gotische Stil in Deutschland. 441 aber gehen, gewöhnlich mit dem dritten oder vierten Stockwerk, ins Achteck über und schließen mit einer steilen durchbrochenen und mit Maßwerk ausgesetzten achtkantigen Spitze (Helm). Große Fenster, mit Wimpergen überdacht, Fialen und Baldachine lösen das Maßwerk auch am Turme auf. Die Krönung bildet eine Kreuzblume, aus vier ins Kreuz gestellten Blättern bestehend, aus deren Kelch häufig eine zweite oder auch dritte Blume emporwächst. So unübertroffen großartig der gotische Kirchenbau in Beziehung auf die Technik sowohl als auf die einheitliche Durchführung eines genialen Gedankens dasteht, so offen liegen seine Schwächen zu Tage. Zwar hat die Tüchtigkeit- der Meister und der opferbereite Sinn der Erbauer bei aller Künstlichkeit des Systems dafür zu sorgen verstanden, daß ihre Werke insgemein länger dauerten, als man hätte erwarten können, so daß sie in ihrer Mehrzahl noch heut vor Augen stehen; allein das Übergewicht der vertikalen Richtung, wodurch das Gleichgewicht der Teile, die künstlerische Einheit derselben Abbruch erleidet, die verwirrende Zerklüftung des Außenwerkes gerade an den vollendetsten Bauten, die Zerstörbarkeit desselben, insofern die zahlreichen kleinen Ausläufer den Witterungsverhältnissen nur allzustark ausgesetzt sind, die Spielerei des Turmhelmes, welcher an sich kein Dach abgiebt, sondern ein zweites inneres an seiner Basis verlangt, dies und anderes steht im Wege, der „Wunderblume" des gotischen Domes absoluten Kunstwert zuzusprechen. Die Dauer des gotischen Stiles ist in verschiedenen Ländern verschieden, und ebenso lassen sich für die Untereinteilungen dieser Periode keine Grenzen festsetzen: Die Frühgotik mit ihren noch einfachen, strengen, zum Teil die Verwandtschaft mit dem romanischen Stil verratenden Formen; die Periode des schöngotischen Stiles, in welchem der normale, gleichseitige Spitzbogen vorherrscht, die tragenden Glieder gestreckter und reich profiliert, die emporragenden Teile mit Ziergliedern ausgestattet werden und zwar gegen die Höhe hin immer reicher; und endlich die Spätgotik, welche in allem, in der Schlankheit und Gestrecktheit, dem Zerteilen, Verästeln, Verschnörkeln rc., übertreibt, bis sich endlich Renaissanceformen einmischen. In Deutschland bestand während der Periode des gotischen Stils die größte Bauthätigkeit. Die ältesten gotischen Kirchen werden im ersten Drittel des 13. Jahrhunderts begonnen, im letzten Drittel desselben hat bereits der schöne Stil die Herrschaft, welche im Süden und Westen Deutschlands bis zur Mitte des 14. währt, um welche Zeit im Nordosten erst die gotische Bauweise auftritt und durch das Material, Backstein, in strengeren Grenzen erhalten wird; insbesondere fehlt hier die krause Steinornamentik, wogegen Flächenverzierung durch verschiedenfarbige Ziegel an Fanden und Fußböden zur Anwendung kommt. Nicht selten sind Kirchen, welche romanisch angelegt und gotisch zu Ende geführt sind, oder solche, an welchen sich alle Wandlungen des gotischen Stiles verfolgen lassen. Sachsen hat das erste gotische Bauwerk in dem 1207—1363 erbauten
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