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1. Bilder aus der vaterländischen Geschichte - S. 29

1893 - Dresden : Ehlermann
29 der Krieg die Menschen hinweggerafft. Wer hatte den Mut sie zu bauen? Ehe die Saat zur Ernte reifte, kamen Soldatenhorden und traten sie nieder, und was in den Scheunen geborgen war, wurde weggeschleppt. Ströme von Blut waren geflossen. Was das Schwert nicht staß, das raffte Hungersnot und Pest ins Grab. Als einst ein sterbender schwedischer Offizier nach dem heiligen Abendmahle Verlangen trug, war auf vier Meilen im Umkreise kein Geistlicher zu finden. In der ganzen Priegnitz gab es nur einen einzigen Prediger. Auch in den Städten schaute das Elend zum Fenster heraus. In Berlin standen Hunderte von Häusern leer. Handel und Gewerbe stockten gänzlich. Not und Thränen waren das tägliche Brot der unglücklichen Märker. Nicht viel besser war es im übrigen deutschen Vaterlande. In Dresden war am Ende des Krieges von fünfzehn Hauswirten immer nur noch einer am Leben. Augsburg hatte von 80 000 Einwohnern kaum noch 18000. Zu Wahrenbrück war nur noch die Frau des Geistlichen am Leben, um ihrem Manne das Grab zu machen. Man sah Scharen von Kindern aus deu Wiesen das Gras abweiden wie die Tiere des Feldes. Zwanzig bis dreißig Personen schlugen sich um einen toten Hund. So verwildert der Krieg die Menschen. Endlich waren Fürsten und Völker des Kampfes müde, und im Jahre 1648 erscholl aus Münster in Westfalen das Friedenswort. Die Frucht der dreißigjährigen Blutarbeit war, daß die Evangelischen ihren Glauben überall in Deutschland frei ausüben durften. Jetzt konnte der Kurfürst anfangen, die Wunden des Landes zu heilen. Es gab aber des Jammers und Elends so viel, daß er oft keinen Rat wußte. „Ich bin betrübt, aber nicht mutlos", sagte er einst zu seinen Räten, die schier verzweifeln wollten. „Gott wird uns helfen. Morgen wollen wir weiter davon reden." Darauf ging er in sein Zimmer und bat Gott aus den Knieen inständig um seinen Beistand. Kaum war sein Gebet zu Ende, so ließen ihn Männer vom Adel aus Preußen um eine Unterredung bitten. Als sie bei ihm eingetreten waren, sprachen sie: „Wir kennen die Not des Landes und den Jammer, der das Volk drückt. Es fehlt den Leuten an Saatkorn, Vieh und Geräten, um den Acker zu bestellen. Wir wollen es ihnen kaufen, gebt uns die Erlaubnis dazu! Wir sind es nicht allein, unser sind viele, die so denken." Wie sehr dankte der Kurfürst diesen wahren Edelleuten für ihre wohlthätige Gesinnung! Auch er suchte den Ackerbau aus jede Weise zu heben; er zog Leute aus Friesland und Holland, aus Gegenden, wo der Ackerbau in Blüte stand, in sein Land und siedelte sie in den Niederungen der Havel und Oder an. Selbst Schweizer folgten seinem Rufe. Jeder Landmann mußte bei seinem Hause einen Garten anlegen, und kein junger Bauernsohn sollte getraut werden, bevor er nicht sechs Obstbäume und sechs Eichbäume gepflanzt hätte.
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