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1. Bilder aus der vaterländischen Geschichte - S. 44

1893 - Dresden : Ehlermann
44 ringt von unzähligen Neugierigen, öffneten sich für ihn die Thüren, und er trat ein. Schon Brannten im Saale die Fackeln und Kerzen. „Aller-gnäbigster Kaiser, gnäbtgfte Kurfürsten, Fürsten und Herren!" hob er an, „ich erscheine gehorsamst zu dem Termin, der mir gestern Abenb angesetzt ist, und bitte durch Gottes Barmherzigkeit, Ew. Majestät und ©naben wollen biefe gerechte und wahrhafte Sache gnäbigst hören. Und so ich aus llnoerstanb vielleicht einem jeglichen feinen gebührenben Titel nicht gebe ober mich sonst nicht nach Hofgebrauch in Gebärben zeigen sollte, bitte ich mir es gnäbigst zu gute zu halten. Denn ich bin nie bei Hofe gewest, fonbern immer in Klöstern gesteckt und kann von mir nichts anberes zeugen, als daß ich in dem, was ich bisher gelehrt und geschrieben, stets allein Gottes Ehre und der Christen Nutz und Seligkeit gesucht habe." Dann rebete er von feinen Büchern und den barin enthaltenen Lehren, alles in beutfcher Sprache. Da erinnerte man ihn baran, daß der Kaiser baoon nicht viel verstehe; er solle das mit lateinischen Worten wieberholen. Das that er auch, ob er gleich sehr schwitzte und ihm wegen des Getümmels sehr heiß war. Nach dem er lange überaus befcheiben gesprochen hatte, fiel ihm ein vornehmer Geistlicher in die Nebe und verlangte eine „schlichte und unoerwirrte" Antwort, ob er roiberrufen wolle ober nicht. Da sprach er: „Es fei benit, daß ich mit Zeugnissen aus der heiligen Schrift ober mit klaren und hellen Grünben überwiesen werbe, so kann und will ich nicht wiberruf en, weil es nicht geraten ist, etwas gegen das Gewissen zu thun. Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir, Amen!" Die Gaffen lagen schon im Dunkel, als Luther in seine Herberge zurückgeführt würde. Jnbem er hier eintrat, überkam ihn die Empfinbung, wie das die Stunbe fei, die er von Anfang an geahnt hatte, wo er allein der ganzen Welt gegenüberstehen würde. Er reckte die Hänbe hoch und rief mit fröhlichem Angesichte: „Ich bin hinburch, ich bin htnburch!" Auf Kaiser Karl hatte Luthers Auftreten feinen Einbruck gemacht. „Der soll mich nicht zum Ketzer machen!" rief er aus. Die Spanier, welche bei ihm waren, lachten und höhnten, einige waren Feuer und Flamme über den „frechen Mönch". Aber feinen Deutschen hatte Luther das Herz gerührt. Währenb er in dem Saale im Gebränge staub, hörte er hinter sich ermutigenbe Zurufe, und als er in der Herberge war, schickte ihm der Herzog Erich von Braunfchweig, der boch ein Gegner seiner Lehre war, eine silberne Kanne voll Einbecker Bier, bamit er sich erquicke. Luther fragte den Boten, welcher Fürst feiner so in ©naben gebenke, und ba er hörte, daß es Herzog Erich fei, und daß er selbst vorher von dem Biere getrunken, fürchtete er keine Vergiftung, fonbern trank beherzt und sprach: „Wie heute Herzog Erich meiner gebenkt, so gebenke feiner unser Herr Christus in feinem letzten Kampfe!" Erich vergaß biefe Worte nicht und
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