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1. Teil 2 - S. 8

1882 - Leipzig : Brandstetter
8 Die Hcmdwerkszünfte im Mittelalter. am wichtigsten. Die Innungen spielten als Teile des Bürgerheeres bei der Verteidigung der Mauern und bei den Kriegszügen in der Umgebung der Stadt eine große Rolle. Ihre Zunftmeister waren zugleich Hauptleute, Waffenübung und Waffenbereitschaft wurde den Handwerkern zur Pflicht gemacht, und im Fall der Not durfte keiner auf dem Sammelplatze oder auf dem Wachtposten fehlen. Diese militärische Brauchbarkeit gab den Zünften bald das Gefühl einer gewissen politischen Bedeutsamkeit, sie fingen an nach Gleichberechtigung mit den ratsfähigen Geschlechtern zu streben, und daraus entwickelten sich nach und nach die denkwürdigen Zunftkämpfe, die kein geringeres Ziel hatten, als den Handwerkern Teilnahme am Stadtregiment zu verschaffen. Diese Kämpfe nahmen an den verschiedenen Orten einen verschiedenen Ausgang. In manchen Städten waren die Patrizier klng genug, den Zünften freiwillig größere Rechte einzuräumen, anderwärts stießen die Zünfte die Patrizierherrschaft wie ein morsches Gebäude ohne Schwierigkeit um, wieder an anderen Orten errangen sie den Eintritt in den Rat nach heftigen Kümpfen, hie und da endete der Kampf mit einer Niederlage der Zünfte. Aber auch da, wo die Handwerker siegten, behaupteten sie nicht ans die Dauer ihre Stellung an der Spitze der städtischen Verwaltung, sie ließen es zu, daß sich ein neues Patriziat bildete, und begnügten sich aus ihrem Siege gewerbliche Vorteile zu ziehen. Die gewerbliche Seite der Zünfte ist auch im früheren Mittelalter vorhanden, aber sie erscheint im Vergleich mit den anderen weniger bedeutend. (£§' giebt wohl eine Menge Urkunden, welche die mittelalterlichen Zünfte als Gewerbsgenofsenfchaften erkennen lassen. Eine Urknnde der Kölner Bettziechenweber vom Jahre 1147 z. B. setzt Zunftzwang ein. Anderen Nachrichten zufolge überwachten die Zünfte die Güte und den Preis der Waren. Und was die Hauptfache ist, die Zuuft bewahrte die Kunst wie ein Heiligtum und vererbte sie von Geschlecht zu Geschlecht. Was in dieser Beziehung von den Bauhütten bekannt ist, gilt bis zu einem gewissen Grade auch von den andern Handwerken. Aber häufig wurden auch solche, die nicht dasselbe Handwerk trieben, in die Zunft aufgenommen. In Frankfurt a. M. befand sich z. B. noch 1387 ein Gärtner unter den Zimmerleuten und eiu Kleiber unter den Badern. Vielleicht lassen sich derartige Vermengungen der Gewerbe aus der militärischen Bedeutung der Zünfte erklären. Auch Gewerbefreiheit herrschte bis zu einem gewissen Grade. Es giebt Urkunden, in welchen mit großer Bestimmtheit ausgesprochen ist, daß man keinem ein Hindernis in den Weg legen solle, der ein Gewerbe in der Stadt treiben wolle. Das Meisterstück und die damit verbundene Erschwerung des Meisterwerdens tritt erst nach den Zunftkämpfen sichtlich hervor, und es scheint dies mit dem späteren Streben der Handwerker, die gewonnene Machtstellung in gewerblicher Hinsicht auszubeuten, auf das engste zusammenzuhängen. Deuu die mittelalterliche Gewerbefreiheit war nicht aus einer Achtung der Gewerbe hervorgegangen, sondern mehr ans
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