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1. Teil 2 - S. 106

1882 - Leipzig : Brandstetter
106 Frauenbildung im Mittelalter. Eine weitere Berufsklasse, welche sich mit Mädchenunterricht befaßte, waren die Schreiber und Briefmaler. Eine ganz eigentümliche Erscheinung sind die Wanderlehrerinnen, welche von Ort zu Ort umherreisten, um Kindern und Erwachsenen ihres Geschlechts Gelegenheit zu bieten, lesen und schreiben zu lernen. In der Baseler Stadtbibliothek werden zwei Aushängeschilde aufbewahrt, die im Jahre 1516 von Holbein gemalt worden sind, um einer solchen Wanderschule als Ankündigung ihres Daseins zu dienen. Auf der einen Tafel sieht man Kinder mit ihren Büchern am Boden gekauert, während der Lehrmeister, die Rute in der Hand, einen Knaben an seinem Pnlte, und in der andern Ecke seine Fran ein Mädchen unterrichtet. Die zweite Tafel stellt das Zimmer dar, in welchem Jünglinge unterrichtet werden. Beide haben folgende Umschrift: „Wär iemand hie, der gern wolt lernen düdfch fchriben und läsen uß dem allerknrtzisten grundt, den iemand erdenken kan, dodnrch ein ieder, der vor nit ein bnchstaben kan, der mag kürtzlich und bald begriffen im grundt, dodnrch er mag von im selbs lernen, sin Schuld uffschreiben und läsen, und wer es nit gelernen kan, so ungeschickt wäre, den will ich um nit und vergeben gelert haben und ganz nüt von jm zu lon nemmen, es syg wer es will, Burger oder Handwerksgesellen, frowen oder junck-frowen; wer sie bedarff, der kumm her, hier wird drüwlich (treulich) gelert nmb ein ziemlichen lon, aber die jungen knaben und meitlin nach der fronfasten wie gewonheit ist." Sehr anschaulich wird in der Chronik von Nürnberg berichtet, wie liebreich sich Kaiser Friedrich Iii. gelegentlich seiner Anwesenheit in der Kreuzwoche des Jahres 1461 „ für die teutschen schreibet mit iren ler-knaben und lermaidlin auch dergleichen der lersrowen mit iren maidlin und kneblin" interessierte. Sie waren in die Burg gekommen und erfreuten ihn im Hof „um die Linde" mit deutschen Gesängen. „Da sah der Kaiser fridlich aus seinem neinen stüblin neben der kappelen, und warf fein ausgebet geld herab; und der ersten rott hieß er geben zween Gulden und etlichen einen Gulden." Am Sonntag nach Christi Himmelfahrt begehrte er die Kinder, die ihm nach einander ihre Aufwartung gemacht, „pai einander zu sehen". Und siehe, „da kamen pai 4000 lerknäblin und maidlin nach der predigt unter die Veste" und waren sehr munter und vergnügt, da der Rat für das beim ersten Besuch ihnen geschenkte Geld „lebknchen, staben, win und pir" unter sie austeilen ließ.
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