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1. Teil 2 - S. 108

1882 - Leipzig : Brandstetter
108 Fahrende Schüler. Daß das Zusammenströmen der verschiedenartigsten Elemente an einem Orte bei dem Mangel fest geordneter Zustände und Einrichtungen den guten Sitten nicht sehr förderlich sein mochte, läßt sich leicht begreifen, und so hören wir denn auch in dieser Beziehung oft über die Schüler solcher Schulen klagen. Aeneas Sylvius schreibt um das Jahr 1450 von der Universität zu Wien: „Es sind viele Lehrer und Studenten in Wien, aber die Wissenschaft der ersteren ist nichts wert und bewegt sich im abgeschmackten, altmodischen Formenkram, die Studenten jagen lediglich ihrem Vergnügen nach und find der Vollerei im Essen und Trinken durchaus ergeben. Wenige erlangen eine gelehrte Bildung; sie stehen unter keiner Aufsicht, Tag und Nacht treiben sie sich umher und verursachen den Bürgern der Stadt rn'elen Ärger. — — Auch ereignet sich in einer so großen und belebten Stadt manches Außerordentliche. Am Hellen Tage, wie im Dunkel der Nacht entstehen Streitigkeiten, ja wahre Schlachten. Bald ergreifen die Handwerker wider die Studenten, bald die Hofleute wider die Handwerker, bald diese wieder gegen andere die Waffen. Selten geht's bei solchem Zusammenstoß ohne Menschenmord ab." Was Wunder, wenn dann Jünglinge, die in Gemeinschaft von einer Schule zu einer andern zogen, auch unterwegs ihr freies, ungebundenes Leben fortsetzten, wenn ihnen schließlich das Umherziehen am allerbesten gefiel und sie darüber das Ziel ihrer Reise ganz aus den Augen verloren? Mochte doch auch mancher gegründete Ursache haben, sich von einer Stadt fern zu halten, in der er ohne jedwedes eigene Vermögen nicht wohl leben konnte, während er unterwegs überall offene Thüren und offene Hände fand. In der ersten Zeit ihres Auftretens waren diese fahrenden Kleriker, auch Vaganten genannt, welcher letztere Name im 15. Jahrhundert wegen der Vaganten ausgesprochener Vorliebe für den Gott Bacchus in Bacchanten umgedeutet wurde, vornehmlich auf die Gastfreundschaft der Geistlichen angewiesen. Dem Laienstande standen sie zu fern; was sie zu bieten vermochten, verstand das Volk nicht. Wie gern auch das Volk fahrenden Sängern zuhörte, so konnte es doch für die fahrenden Kleriker kein Interesse gewinnen, da diese lateinisch dichteten und sangen. Wie die Dichtung der Troubadours, mit der sie gleiche Heimat bat und von der wahrscheinlich auch treibende Impulse ihr zu Gute gekommen sind, ließ die lateinische Dichtung der fahrenden Kleriker kein Gebrechen der Zeit, namentlich kein Gebrechen des eigenen, des geistlichen Standes ungerügt; vor allem aber pflegten diese Dichter die heiteren Gattungen der Dichtkunst, und in ihren Wein- und Liebesliedern lebt eine unvergängliche Kraft und Frische, oft verbunden mit dem kecksten jugendlichen Übennute. In Deutschland lassen sich zahlreiche Spuren der Vaganten verfolgen, namentlich den Rhein hinab und im südlichen Deutschland vom Elsaß bis Österreich. Ein Vagantenlied feiert Trier, die königliche Stadt, wo Bacchus
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