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1. Teil 2 - S. 186

1882 - Leipzig : Brandstetter
186 Bäuerliche Zustände im Reformationszeitalter. persönlich durchaus freie Menschen aufgenommen, mit einem erblichen Eigentumsrechte an den ihnen überwiesenen Ländereien, mit der Befugnis unbehinderter Veräußerung derselben, sowie mit einer ganz selbständigen Gerichtsverfassung und Gerichtsverwaltung ausgestattet. Erzbischof Friedrich bestimmte, daß gegen Entrichtung einer Jahressteuer von zwei Mark Silber von jedem Hundert Hufen, d. h. von einer Quadratmeile Landes, jene Ansiedler ihre weltlichen Rechtshändel unter sich selbst in erster Instanz entscheiden und in der höheren nur an ihn selbst, nicht an seine Beamten appellieren dürften, wie auch, daß, wenn er von ihnen um Abhaltung eines solchen Gerichtstages, natürlich auf ihre Kosten, gebeten wurde, nur ein Drittel der erkannten Strafgelder ihm, die zwei übrigen der Gemeindekasse der Ansiedler zufließen sollten. Daneben wurden diese zur Entrichtung eines nur sehr unbedeutenden Erbzinses, sowie zu der eines Korn- und Schmalzzehnten verpflichtet, von Fronden und anderen Herrendiensten aber befreit. Ähnliche Niederlassungen erfolgten fpäter in Holstein, Mecklenburg, Brandenburg, Sachsen und Thüringen, und da die vom Erzbischof Friedrich den ersten Ansiedlern eingeräumten Vorteile auch den späteren gewährt wurden und gewährt werden mußten, so wurde dadurch im Laufe der Jahre^eine nicht unbeträchtliche Anzahl thatsächlich freier Bauergemeinden geschaffen, sowie die Bildung eines eigenen Landsassenrechtes, des sogenannten holländischen oder vlämischen Rechts, veranlaßt, zum nicht geringen Vorteile der Ackerbaubevölkerung Deutschlands im allgemeinen. Die bald gemachte Erfahrung, daß solche Niederlassungen freier Landlente trotz der geringen von ihnen entrichteten Abgaben auch ihren Gründern erhebliche Vorteile und zumal höhere Einkünfte gewährten, als die von Leibeigenen bewirtschafteten Güter, steigerte die Neigung zur Freilassung der Leibeigenen, zur Erhebung derselben zu einem menschenwürdigeren Dasein, zur Umwandlung der drückenden, ungemessenen Leistungen und Abgaben in gemessene, sest und meist mäßig bestimmte. Nicht weniger günstig haben jene niederländischen Ansiedlungen auf die Lage der ländlichen Bevölkerung Deutschlands dadurch gewirkt, daß die durch sie veranlaßte bevorzugte Rechtsstellung und besondere Rechtsgenossenschaft deutscher Bauerngemeinden auch auf die zahlreichen deutschen Kolonien übergingen, die während des Mittelalters nach den slavischen Provinzen des deutschen Reiches oder nach einigen Nachbarstaaten desselben berufen wurden. In diesen Auswanderungen deutscher Landlente in andere Gegenden des Reiches oder in die Fremde gewahren wir den dritten der Lage des gesamten Bauernstandes förderlichen Umstand. Der dadurch bewirkte bedeutende Abfluß so vieler zum Ackerbau unentbehrlichen Hände nötigte die Fürsten, wie die geistlichen Stifter und die Edelherren um so mehr zur Erleichterung des Loses ihrer Leibeigenen und Hörigen, da Deutschlands Ackerbaubevölkerung während des ganzen Mittelalters überhaupt lange nicht so zahlreich war, wie in späteren Tagen, und da Fehden und Seuchen die-
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