Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Teil 2 - S. 189

1882 - Leipzig : Brandstetter
Bäuerliche Zustände im Reformationszeitalter. 189 waren. Mit noch größeren finanziellen Bedrängnissen als die Fürsten hatte der Adel zu ringen, der weniger vielleicht durch seine anhaltenden, vielverschlingenden Kämpfe mit den gehaßten Reichsstädten, als durch die Sucht, mit den ebenso betriebsamen, wie reichen Bürgerschaften in Prunk, Aufwand und Wohlleben zu wetteifern, tief verschuldet, großenteils verarmt war. Die fo bedeutenden Erwerbungen der deutschen Republiken an Land und Leuten bestanden zum weitaus größten Teile in vorteilhasten Käufen von Gütern verarmter Edelleute. Eine fehr natürliche Folge war, daß die Edelleute, ehe sie zu dem äußersten Mittel der Veräußerung oder Verpfändung ihrer Güter griffen, es damit versuchten, durch größere Belastung ihrer Bauern, durch Steigerung der Pachtgelder und Leistungen derselben in ihren Geldnöten sich zu helfen. Mit welch schonungsloser Härte sie dabei verfahren fein mögen, ist leicht zu ermessen, wenn man sich erinnert, wie roh und ungebildet damals noch dieser vielbedürfende Adel war. Nicht wenige adelige Grundherren gingen noch einen Schritt weiter, indem sie, nach dem Vorgänge der Fürsten, die zwischen ihren Hörigen oder Leibeigenen mehr oder minder vereinzelt wohnenden sreien Bauern zu nötigen suchten, ihrer Selbständigkeit und dem Eigentumsrechte an ihrem Landbesitz zu entsagen und jenen sich anzuschließen. All diesen Bestrebungen der großen und kleinen Gewalthaber ist die Einbürgerung des römischen Rechts in Deutschland kaum weniger nützlich geworden, als es die unaufhörlichen Kriege und Fehden gewesen sind, die während des 15. Jahrhunderts Deutschland heimsuchten. Nötigten die letzteren gar viele freie Bauern, die sich nicht selbst zu beschirmen vermochten, um den Schutz des einen Mächtigen gegen einen andern zu gewinnen, seinen Wünschen sich endlich zu fügen, feine Grundholden zu werden, so war das römische Recht für diese fchon deshalb von unschätzbarem Werte, weil es durch seine Vieldeutigkeit und Unklarheit, besonders Verhältnissen gegenüber, für welche es ohnehin nicht paßte, namentlich durch feine Grundsätze über Verjährung bei Privilegien, allen Bedrängungen und Anmaßungen einen weiten Spielraum eröffnete. Daß die wachsende und nur zu natürliche Erbitterung sowohl der freien Bauern wie der hörigen Erbpächter über diese mehrseitigen, unaufhörlichen Nachstellungen, Ränke und Vergewaltigungen, welchen sie sich namentlich seit der Mitte des 15. Jahrhunderts in steigendem Maße ausgesetzt sahen, den großen Bauernkrieg, wie auch die ihm vorangegangenen teilweisen Bauernaufstände eigentlich und hauptsächlich entzündet hat, läßt sich urkundlich erweisen. Zu deu Gebieten, in welchen jener am frühesten zum Ausbruche kam, gehörte namentlich das der gefürsteten Abtei Kempten in Schwaben. Zwifchen den Vorständen derselben und ihren Bauern waltete schon während des ganzen 15. Jahrhunderts ein anhaltender Kriegszustand, weil die schwelgerischen, vielbedürfenden geistlichen Herren selbst die verwerslichsten Mittel nicht verschmähten, um die in ihrem Gebiete noch
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer