1882 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Richter, Albert
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
274 Altdeutsches Badewesen.
Gesuchet seyn mit Fleiß die Ruh,
Kein Sorg, kein Angst nit taugt darzu.
In täglicher Speis und auch im Trank Kein Uebermaß soll gehn im Schwank.
Kalbfleisch wird dem Badenden angeraten:
Das Kalbfleisch gut und nähret Wohl Billig der Bäder solchs essen soll.
Vom Schweinefleisch heißt es:
Das schweinen ärger als das Lammfleisch ist,
Manns g'nossen wird zu jeder Frist Ohn Wein, wenn aber der ist darbet,
So glaub, daß es eiu gut Arznei sei.
Die Dauer einer Badekur im Wildbade war in der Regel auf 14 Tage festgesetzt. Eine so schnelle Beendigung der Badekur ermöglichte man dadurch, daß man an jedem Tage möglichst lange badete. Hottinger in seiner: „Eigentlichen Beschreibung des herrlichen im Aargau gelegenen warmen Bads zu baden" (1702) sagt: „Vor Zeiten war einem erlaubt, vier, fünf und mehr Stunden auf einmal und den ganzen Tag sieben, neun und mehr Stunden zu baden, so daß die ganze Kur, bestehend in 135 Stunden, in fünfzehn Tagen abgemacht war." Er selbst rät, nicht mehr als eine !bis drei Stunden auf einmal und des Tages im ganzen nicht über fünf Stunden zu baden, übrigens aber nicht auf einmal, fondern allmählich steigend zu diesem Zeitmaß zu gelangen.
Derselbe Badeschriftsteller könnte manchem neueren seiner Kollegen als Muster dienen in dem, was er über die Wirkung des von ihm beschriebenen Bades sagt. Er schließt nämlich sein Buch mit dem Spruche:
Badeu
Heilt nicht jeden Schaden.
Ebenso offenherzig war im Jahre 1647 Melchior Sebiz in feiner „Beschreibung etlicher Mißbräuche in dem Gebrauche des Sauerbrunnen", wenn er sagt: „Manchem, der Glück hat, dem gerath es, Andern aber bekompt es, tote dem Hund das Graß."
Kräftiger stieß in die Lobposaune David Theodosius Lehmann in seiner Beschreibung des Wiesenbades bei Annaberg. Die betreffende Stelle lautet:
„Nun will ich kürzlich zeigen die Gebrechen an Für welche man im Bad Hülffsmittel finden kan Wenn Jemand an dem Haupt hätt üble Schwulst und Beulen Die lassen sich allhier allmehlig wieder heilen.
Der Schuppen Ungemach und all' Unsauberkeit Wird durch des Bronnen Krafft curirt tu kurzer Zeit.
Das wilde Augenweh, auch wolkichte Gesichte Und rothe Gerstenkorn, die werden bald zu Nichte,