Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Teil 2 - S. 353

1882 - Leipzig : Brandstetter
Studentenleben im 16. und 17. Jahrhundert. 353 des 17. Jahrhunderts besonders in Jena sehr beliebten „Gesang der Schlemmerzunft" hieß es u. a.: Lasset uns schlemmen und demmen bis morgen! Lasset uns fröhlich sein ohne Sorgen! Wer uns nicht borgen will, komme morgen! Wir haben nur kleine Zeit hier aus Erden, Drum muß sie uns kurz und lieb doch werden .... Gute Gesellschaft treiben ist ja nicht Sünde: Saus also dich voll und lege dich nieder, Steh aus und saus und besause dich wieder. Bei der Üppigkeit des Lebens und der Trachten reichte das Einkommen der Studenten selten ans; sie verlegten sich daher häufig aufs Schnlden-machen und entzogen sich ihren Gläubigern nicht selten durch die Flucht. Wenn im 15. Jahrhundert ein Leipziger Student mit 30 — 40 Gulden rheinisch jährlich auskam, brauchte ein Jenaischer Student um die Mitte des 16. Jahrhunderts diese Summe allein für Wohnung und Beköstigung. Marburger Studierende, welche 1538 nach Tübingen kommen, klagen, daß, während man in Marburg mit 16 Gulden jährlich ganz wohl leben könne, man in Tübingen unter 26 Gulden keine Kost bekomme, mit Bett und Wohnung nicht unter 34. Ein Altdorfer Mandat von 1663 sagt, daß man in Altdorf für 200 Gulden anständig leben könne. Ebensoviel bestimmt 1672 ein Vater seinem in Straßburg studierenden Sohne. In Leipzig werden 1697 die Studienkosten auf 200 Thaler angegeben, weil es „sehr teuer" sei. Der Kostennnterschied zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert wurde namentlich auch durch das Sinken des Geldwertes infolge der Entdeckung Amerikas veranlaßt. Die wenigsten Studenten trugen die Kosten aus eigenen Mitteln. An allen deutschen Universitäten gab es milde Stiftungen für die Studierenden. Aus dem eingezogenen Klostergute gründeten die Fürsten Alumnate für protestantische Theologen, wo strenge Aufsicht, ja klösterliche Disciplin herrschte, die freilich oft genug auch schreiend verletzt wurde. In einer Leichenpredigt vom Jahre 1692 wird als Ausnahme hervorgehoben, daß der Verstorbene, ein Pfarrer, „12 Jahre kontinuierlich auf Akademien ohne irgend einen Zuschuß von Stipendien gelebt." Noch jetzt zehren unsere Studierenden von der christlichen Wohlthätigkeit jener Zeiten. Mancher Student sah sich genötigt, seine Studien zu unterbrechen, sich zeitweilig um eine einkömmliche Hofmeisterstelle umzusehen, und studierte erst dann, wenn er dadurch die unumgänglichen Geldmittel sich erworben hatte, wieder fort. Andere mußten als Famuli bei wohlhabenden Studenten sich einen kümmerlichen Unterhalt erwerben. Eine Einnahmequelle bildete auch die Kurrende. Auch das Tragen von gewissen Leichen war eine Einnahmequelle für die Studenten. In Frankfurt spricht eine Verordnung noch 1774 von Kandidatenleichen, welche in Mänteln und Überschlägen zu Grabe zu tragen nur die Studenten das Recht hatten. Richter, Bilder a. d. dtsch. Kulturgesch. Ii. 23
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer