1882 -
Leipzig
: Brandstetter
- Autor: Richter, Albert
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Entwickelung des deutschen Postwesens. 417
kleineren Orte, welche unmittelbar an den Wegen der Boten ober in ihrer Nähe lagen, konnten dieses Verkehrsmittel benutzen, und da basselbe balb einen guten Ertrag abwarf, so veranlaßte bies die Obrigkeiten, zuerst in Hamburg nnb in Danzig, das Botenwesen für stäbtische Rechnung zu übernehmen. So bildete sich nach nnb nach durch das Zusammentreffen dieser Botenzüge in den größeren Städten ein Briefpostnetz über ganz Deutschland ans.
Auch einzelne Fürsten grünbeten hie nnb ba, aber nur für sich nnb ihre Regierungszwecke Postanstalten; so bestellte Herzog Albert von Sachsen, der von Kaiser Maximilian zum Erbstatthalter von Friesland ernannt würde, eigene Boten zu Fuß und zu Pf erb, welche stationsweise die amtliche Korresponbenz zwischen Meißen und Friesland regelmäßig kförbern mußten.
Nach der Ersinbung der Bnchbruckerknnst begegnen häufig auch die Buchhanbler ober „Buchführer", wie man sie b am als nannte, und ihre Geschästsreisenbeu, welche die Erzeugnisse der neuen Kunst selbst von Ort zu Ort zum Verkauf brachten, als Briefüberbringer.
Doch reichten berartige Einrichtungen zur Befriebigung des allgemeinen Bedürfnisses nicht hin. Wohlhabenbe, regen Briefverkehr unterhaltenbe Private waren noch immer genötigt, eigene von ihnen befolbete Boten zu bestellen. Dies begann namentlich zu der Zeit, als durch die Wieberbelebung der Stubien zur Zeit des Humanismus die Gelehrten Deutschlanbs und seiner Nachbarlänber zu lebhaftem Jbeenaustausch unter einanber getrieben würden. Zu solchen Boten würden meistens Leute aus jenem halbgelehrten Proletariat verwenbet, aus dem sich die höher stehenben Diener der Wissenschaft ihre Famuli wählten. Sie stauben als Briefboten entweber in fester Besolbung ober trieben das Geschäft auf eigene Rechnung und nahmen von den verschiebenden Leuten Briese mit. Daß babei viel Unregelmäßigkeiten vorkamen, ist erklärlich, ebenso, daß in den leibeuschastlich erregten Zeiten der Reformation Verrat und Unterschlagung stattsanben. Aber auch ohne böse Absichten würden Briefe erbrochen, benn es gab viele Leute, denen es nur darum zu thun war, Abschriften von den Briefen berühmter Männer zu besitzen. Erasmus von Rotterdam unterhielt bestänbig einen eigenen von ihm besolbeten Boten, und für feinen Briefverkehr gab er jährlich die für die bamalige Zeit nicht unbebeutenbe Summe von 60 Goldgulden aus. War ein Brief eines Gelehrten an feine Adresse gelangt, so ging er gewöhnlich noch durch eine Reihe von Händen, und überall nahm man sich Abschriften. Für jene Zeit, in der es wissenschaftliche Zeitschriften noch nicht gab, hatte dies den Vorteil, daß die Ergebnisse der Forschung und der Gedankenschatz des einzelnen Gelehrten rasch in weitere Kreise sich verbreiteten, für unsere Zeit den, daß auf solche Weise ein großer Teil jener Briefe, die eine reiche Quelle zur Erkenntnis des geistigen Lebens jener Periode darbieten, uns erhalten ist.
Neben der Beförderung der Briefe handelte es sich aber auch um den regelmäßigen Transport von Waren. Diesem Bedürfnisse dienten die Güterfuhren. Fuhrleute brachten in regelmäßigen Güterzügen die Waren
Richter, Bilder a. d. dtsch. Kulturgesch. Ii. 27