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1. Teil 2 - S. 455

1882 - Leipzig : Brandstetter
Das deutsche Reichsheer. 455 diesem, morgen in jenem Dienste; und das alles war in unübersichtlicher Ungleichartigkeit uni) nur für kurze, durch Lehns- oder Sold-Verträge eng bemessene Frist eiligst zusammengerafft, unter einander in unzählige Fehden verwickelt und jedes vaterländischen Aufschwunges bar. Wie sollte solch zucht- und ordnungsloses Heer jenen fanatischen Ketzern widerstehen, die unter Männern wie Ziska und Prokop eine ganz neue Taktik ausgebildet und den Schwerpunkt der kriegerischen Leistung ans den geharnischten Reitergeschwadern in die Wagenburgen und in die beweglichen Haufen des Fußvolks verlegt hatten!? — Auf dem im Sommer 1422 zu Nürnberg gehaltenen Reichstage schlugen die Fürsten vor, ein reines Söldnerheer zu errichten, das, nach einheitlichem Plane geleitet, im stände sei, einen „täglichen" Krieg zu führen d. H. für die Dauer des ganzen Krieges unter Waffen zu bleiben. Um die dazu nötige Löhnung zu gewinnen, stillte im Reiche „der hundertste Pfennig", also eine Einkommensteuer, erhoben werden. Gegen diesen Entwurf, welcher von dem Gedanken der Reichseinheit ausging, sträubten sich die Städte mit allen Kräften. Sie sahen darin eine Bedrohung ihrer Unabhängigkeit; sie wollten nicht gern ihre Reichtümer offenbaren und fürchteten auch, daß die Bürgerschaften allein die Steuer aufbringen würden, während die Fürsten und deren Mannschaften den Sold verzehrten. An diesem Widerstände scheiterte der an sich sehr gute Plan. Einem aus erkorenen Fürsten und städtischen Abgeordneten zusammengesetzten Ausschuß gelang es dagegen nach vieler Mühe, eine sogenannte „Reichsmatrikel für die Kriegsvolksgestellung" jedes Reichsstandes zu entwerfen. Diese Matrikel wurzelt noch durchaus im Boden der Feudalität. Trotz der neuen Taktik der fußvolkmächtigen Hussiten liegt dem ganzen Anschlage, abgesehen von geringem Schützendienste, lediglich die ritterliche „Gleve" (Lanze) zu Grunde, eine organisatorische Einheit, welche aus 4 bis 5 Reitern bestand, von denen einer vollgewappnet sein mußte. Fast unglaublich gering sind die beanspruchten „Kontingente". Jeder Kurfürst füllte 40 bis 50 Gleven stellen; von den Bischöfen forderte man 2 bis 20, nur von dem Magdeburger 30 Gleven, ebensoviel von Savoyen; Lothringen, Geldern und Hessen waren auf je 15 bis 20, die Herzoge von Bayern, die Pfalzgrafen, die Mecklenburger, Pommern, der von Berg und die Markgrafen von Baden von 5 bis 16 Lanzen angesetzt, die Grafen von Württemberg auf 20. Die übrigen Grafen gingen von 8 bis auf 2, ja bis auf eine Gleve hinab. Von den freien Städten (die niederländischen und eidgenössischen eingerechnet) stellten Lübeck und Nürnberg das höchste Kontingent, nämlich 30 Gleven und ebensoviel Schützen. Hamburg, Köln, Metz, Straßburg, Augsburg und Nordhausen brachten je 20, Regensburg und Frankfurt je 15 auf. Alle diese Städte standen alfo den Fürsten gleich. Kleinere Gemeinden traten zur Rüstung einiger Gleven zufammen oder stellten auch nur wenige Schützen.
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