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1. Teil 2 - S. 505

1882 - Leipzig : Brandstetter
Familienleben im 18. Jahrhundert. 5q5 tenben Familien des 18. Jahrhnnberts so oft hervortraten. Friedrich Karl von Strombeck erzählt in seinen „Darstellungen ans meinem Leben": „Mein 1729 geborner Vater hatte nie, so wenig als sein Vater nnb Großvater, ein öffentliches Amt bekleibet. Da sie nicht, gleich ihren Vorfahren, Bürgermeister der Vaterstabt Braunschweig sein konnten, so wollten sie lieber im Privatstanbe bleiben. Mein Vater, ein streng nnb altertümlich rechtschaffener und bieberer Mann, war in hohem Grabe ernst nnb eifersüchtig auf sein Ansehen. Ich erinnere mich nicht, daß er auch nur ein einziges Mal mit Zärtlichkeit meine Mutter ober uns Kinder angerebet ober mit recht innigem Wohlgefallen angeblickt hätte. Den tiefsten Respekt gegen ihn, die strengste Erfüllung der Pflichten verlangte er bestänbig, und nicht das mindeste sah er in dieser Beziehung nach. Daher war benn in Beziehung gegen ihn die ganze Hausgenossenschaft, die Mutter mit eingeschlossen, in beut Zustanbe der größten Unterwürfigkeit. Auch von feinen Domestiken verlangte er die pünktlichste Verfolgung seiner Vorschriften und ohne alle Einrede schnellen Gehorsam. Diese Art zu sein war meinem Vater so zur an dem Natur geworben, daß er sich nur unter den von ihm abhängigen Hausgenossen behaglich sinben konnte, und er hatte keinen Umgang, am wenigsten einen freundschaftlichen. Um elf Uhr wurde der Bediente hereingeschellt, und die Ankleibung des Vaters begann mit einem Ernste, als wenn es eine Haupt- und Staats-Aktion sei, bei welcher er von dem Zuschnallen der Schuhe bis zum Aufsetzen der Perücke und dem Darreichen des mit goldenem Knopfe verzierten spanischen Rohres nicht im geringsten selbst mit Hand anlegte." — Auch Goethes Vater hatte aus Ärger und Mißmut verschworen, jemals irgenb eine Stelle anzunehmen. Er gehörte, erzählt Goethe, nun unter die Zurückgezogenen, welche niemals unter sich eine Societät machen. Sie stehen so isoliert gegen einanber, wie gegen das Ganze und um so mehr, als sich in dieser Abgeschiebenheit das Eigentümliche des Charakters immer schroffer ausbilbet. Als einst das elterliche Haus mit französischer Einquartierung für längere Zeit belastet warb, trat die seltsamste Empfindlichkeit des Hausherrn gegen Berührungen von außen in fast komischer Weise hervor. Männer dieser Art, denen wir sehr oft im vorigen Jahrhundert begegnen, blieben durch das Abgeschlossene der Familie, in welcher sie sich bewegten, jebes fördernden Einfluffes auf das politische Leben beraubt; aber sie waren doch oft eifrig bemüht, in ihren freilich engen Kreisen den Sinn für Religion ober Wissenschaft ober Kunst zu pflegen und zu entwickeln. Seit der Mitte des vorigen Jahrhnnberts bagegen trat in besondrer Stärke jene aus der allgemeinen Zeitrichtung erwachsend Ansicht hervor, nach welcher die Ehe als nützliches Mittel zur Erreichung anber-weitiger Zwecke betrachtet und beshalb nicht ans der Kraft persönlicher Anziehung, fonbern aus der klugen Berechnung des Reichtums, der Macht ober der vorteilhaften Familienverbinbung hervorging. Soweit diese Ansicht sich Geltung verschaffte, war es der Familie schwer, einen geistigen
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