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1. Im Kaiserhause zu Goslar - S. 10

1902 - Braunschweig : Appelhans
— 10 — blitzende Beile in den Händen trugen; sie waren es, die das Idol fällen sollten. In unmittelbarer Nähe desselben hielt der Zug an; gegenüber am Rande des Waldes lagerten die Sachsen, begierig auf den Ausgang des Schauspiels, das sich ihnen Meten würde. Die Priester, die sich vor dem Götzenbilde aufgestellt hatten, um es zu schützen, wurden auf einen Wink des Königs von den Beilträgern verdrängt, ehe sie sich zur Wehr setzen konnten, und gleich darauf sauste der erste Beilhieb durch die Luft und fuhr ächzend in den harten Eichenstamm. Ein Schrei des Entsetzens ertönte in den Reihen der Sachsen; aber Hieb auf Hieb sauste hernieder, weithin flogen die Späne und immer tiefer drangen die scharfen Beile ein in den gewaltigen Stamm. Mit verhaltenem Atem schauten jetzt die Sachsen dem Schauspiel zu. Wie lange zögerte denn Wuotan, seine Blitze zu senden und die Frevler zu vernichten? Oder sollten dennoch die Christen recht haben, sollten die Götter machtlos sein und der Gott der Christen der alleinige Gott? Sollte wirklich eine neue Zeit im Anzuge sein, eine Zeit, in der die alten Götter nicht mehr verehrt wurden, wo alle sich beugten vor dem Kreuz der Christen? Aber nicht lange konnten sie jetzt über solche Fragen nachsinnen; denn plötzlich begann die heilige Jrminsul zu wanken, und jählings stürzte sie nieder, so daß das Pferd des Königs erschreckt einen Seitensprung machte. Ein lautes Jauchzen erscholl aus den Reihen der Franken; die Sachsen aber standen sprachlos und schauten starr auf das am Boden liegende Bild, dem sie einst göttliche Verehrung gezollt hatten. Den meisten mochte in diesem Augenblicke eine Ahnung sagen, daß mit der Zerstörung ihres Heiligtums auch der alte Götterglaube den Todesstoß erhalten habe. Auch die Priester konnten sich der Erkenntnis nicht verschließen, daß es mit ihrem Ansehen und ihrem Einfluß jetzt bald vorbei sei. Finster blickten sie auf die am Boden liegenden Trümmer ihres Heiligtums und heiße Thränen rannen ihnen über die gebrauten Wangen in den grauen Bart.
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