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1. Die Burgfrau von Ahlden - S. 135

1893 - Braunschweig : Appelhans & Pfenningstorff
— 135 - erschrak sie, und ihr erster Gedanke war, um Hülfe zu rufen und zu entfliehen. Das Weib aber legte den Finger auf den Mund und sagte: „Sei ruhig, blasse Schwester, und bleibe hier; ich thue Dir keiu Leid. Nicht in böser Absicht habe ich meine Truppe verlassen und bin zu Dir gekommen; ich meine es gut mit Dir". Mit leiser Stimme hatte die Zigeunerin diese Worte gesprochen, und als die Prinzessin ihr nun in die Augen sah, da gewahrte sie, wie zwei helle Thränen aus denselben die braunen Wangen hinunter liefen. Sie glaubte jetzt, eine Bittende vor sich zu haben. „Du bist in Not", sprach sie sanft; „Du bist gekommen, um mich um eine Gabe zu bitten. Hier, nimm, was ich bei mir habe". Mit diesen Werten wollte sie der Zigeunerin ihre Börse anbieten, aber mit einer stolzen Handbewegung wurde dieselbe zurückgewiesen. „Du irrst", sprach das Weib; „ich bin nicht gekommen, um eine Gabe zu heischen. Der Zigeuner nimmt nur Geld au von Menschen, die glücklicher sind als er; die Gabe des Unglücklichen aber bringt ihm Unglück". Verwundert starrte die Prinzessin das Weib an. „Wer hat es Dir gesagt, daß ich unglücklich bin?" sprach sie; „was willst Du von mir, wie bist Du in diesen Garten gekommen?" Du stellst viele Fragen zu gleicher Zeit", antwortete die Zigeunerfrau lächelnd. „Von Deinem Unglück weiß ich, daß ein harter Spruch Deiner Verwandten Dich hier festhält. Du bist ein Vogel, dem die Flügel geknickt sind. Ich weiß auch, weshalb Du hier bist. Ich will von Dir nichts, sondern ich will Dir etwas bringen; und wie ich, trotz der Wachen, die Dich umgeben, in den Garten gekommen? Frage nicht darnach; für den braunen Menschen giebt es Wege, die der weiße niemals findet. Aber sieh mir ins Gesicht; ich glaube, wir sehen uns heute nicht zum ersten Male. Weißt Du, wer ich bin?" Indem sie diese Worte sprach, strich sie das schwarze Haar, das ihr über die Stirn hing, zurück; eine breite rote Narbe wurde sichtbar. Sophie Dorothea erbleichte; ja, das war ja das Mädchen, an welches sie noch soeben
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