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1. Parricida - S. 95

1905 - Braunschweig : Appelhans
— 95 — welcher Begeisterung, waren sie am Morgen aufgebrochen, nun war es noch nicht Mittag, und wie so ganz anders war es geworden in der kurzen Spanne Zeit! Am Morgen hatten sie geträumt vou Sieg und Beute; statt ihrer aber trugen sie nun eine Leiche zurück an den heimischen Herd. Manchem wetterharten Bauern rannen bei diesen Gedanken die hellen Tränen über die gebräunten Wangen in den grauen Bart, und im Zorn ballten sich wohl seine schwieligen Hände, indem er haderte mit dem wechselnden Schicksal. Aber mehr als sie alle hatte das bedauernswerte Weib verloren! In tränenlosem Schmerz schritt sie hinter der Bahre einher, auf der ihr Gatte, der Vater ihres Kindes lag, starr und tot. Was sollte ihr jetzt noch das Leben? Ohne Schutz, ohne Stütze, ohne Halt stand sie mitten in einer ihr fremden Umgebung, die keinen Anteil nahm an ihrem Schmerz. Wäre es da nicht eine Wohltat für sie, wenn sie im Tode mit dem Gatten vereint würde, von dem sie erst heute erfahren, wer er war, welche hohe Stellung er einst eingenommen und durch welche Schuld er heruntergeschleudert war in das Elend des Lebens? Aber nein, so durfte, so wollte sie nicht denken! Sie mußte leben, leben um des Kindes willen, das ihr geblieben war als einziges Erbteil ihres Gatten, und dem sie jetzt zugleich den Vater ersetzen mußte. Und indem sie dieses dachte, hob sich ihre Gestalt hoher, und das heilige Feuer der Mutterliebe leuchtete aus ihren Augen. Sie war fest entschlossen, jetzt den Kamps mit dem Leben allein zu wagen um ihres Kindes willen! Als der traurige Zug sich etwa eine halbe Wegstunde weit von der Burg Schledehausen entfernt hatte, kam ihm ein Trupp Leute entgegen, Hörige des Herrn von Schledehausen, die in dem nahen Forst das dürre Holz gesammelt hatten. Die Schledehänser Leute waren den Bauern Jan Östriks nicht besonders freundlich gesinnt, weil letztere als freie Bauern sich für besser hielten als hörige Leute, und es war schon öfter auf Kirmessen und Jahrmärkten zu kleinen Reibereien und Schlägereien
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