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1. Die Geschichte Anhalts in Wort und Bild - S. 30

1906 - Cöthen : Schulze
— 30 — einzog. Auf vergoldetem Tuche wurde die Ablaßurkunde vorangetragen. Wie beim Jahrmarkte schlug man Tische auf und bot für Geld Sündenvergebung feil. Wie lustig wurde nun das Leben der Leichtsinnigen, denen der Ablaß so schön über die Gewissensbisse hinweghalf! Wie bitter aber war der Kummer des armen Tagelöhners, wenn er sah, wie bloß die Reichen sich Befreiung von den Sünden erkaufen konnten! Mit den Ernstdenkenden seiner Untertanen wird da Fürst Wolfgang die Schändlichkeit dieses Beginnens gefühlt und im stillen geseufzt haben: Wann werden wir endlich erlöst von Priesterzwang und Werkedienst? Wann wird sie kommen, die Reformation an Haupt und Gliedern? Doch gottlob! Der Retter war schon an der Arbeit. Dicht an der Grenze Anhalts, zu Wittenberg, stand die Wiege der Reformation. Das Band äußerer Verwandtschaft, das den Fürsten Wolfgang mit jener Lutherstadt verknüpfte, sollte ihn zu inniger, unauflöslicher Gemeinschaft an die höchste und heiligste Sache fesseln, für die das deutsche Volk je gelebt und gerungen hat. 4. In den ersten Novembertagen 1517 kamen die 95 Thesen gegen den Ablaß, die Martin Luther am 31. Oktober an die Schloßkirchentür von Wittenberg geschlagen hatte, auch über Anhalts Grenze. Mit wärmster Anteilnahme verfolgte Fürst Wolfgang in den nächsten Jahren den weiteren 1521 Fortgang des mutig begonnenen Werkes. Am 17. April 1521 saß er zu Worms in der glänzenden Fürstenversammlung und hörte den großen Reformationsmann mutig bekennen: „Ich glaube weder dem Papste noch den Konzilien allein, da mein Gewissen in Gottes Wort gefangen ist. Hier stehe ich. Ich kann nicht anders. Gott helfe mir! Amen!" Von dem gewaltigen Eindrucke dieser Worte bewegt, beschloß der junge Fürst, dem Lutherwerke in seinen Landen fortan freien Lauf zu lassen, ja es tätig mit zu fördern. 5. Schon vor dem Reichstage zu Worms soll die Äbtissin des Klosters Gernrode, Elisabeth von Weida, sich offen zu Luther bekannt haben. Sie war, wie ihr Grabstein sagt, eine Frau, „der Gott ein männlich Herz gegeben, Vernunft und guten Verstand daneben, daß sie ihr Geschäft und Regiment wohl geführet bis an ihr End." Sie ließ sich aus Wittenberg einen evangelischen Prediger kommen mit Namen Stephan Molitor, d. H. Müller, und fing an, auf dessen Rat mancherlei Mißbrauche abzustellen. Am größten war die Begeisterung für den Wittenberger Gottesmann in der Stadt Zerbst. Bereits am 18. Mai 1522 predigte er im dortigen Augustinerkloster. Es kümmerte die guten Zerbster wenig, daß er in Acht und Bann war und daß ihre Stadt vielleicht die gleiche Strafe treffen konnte. Im Jahre 1525 wurde die erledigte Pfarrstelle an der Nikolaikirche zu Zerbst mit einem lutherischen Prediger besetzt. Heiligenbilder, Weihkerzen, Weihkessel und anderen Kirchenschmuck fegte man hinaus und verbrannte ihn unter dem Braukessel. Da beschwerte sich der Bischof von Brandenburg mit zornigen Klagen bei den anhaltifchen Oberherren, die Zerbst gemeinschaftlich besaßen, bei Fürst Wolfgang und den Dessauer Fürsten. Die drei fürstlichen Brüder Johann, Georg und Joachim von Dessau (S. 23) standen bisher unter der Vormundschaft ihrer trefflichen Mutter Margarete, einer treuen Anhängerin der päpstlichen Kirche, und dreier Fürsten, die Luthers entschiedene Gegner waren: des Erzbischofs Albrecht von Mainz, der den Tetzel aussandte, des Kurfürsten Joachim von Brandenburg und
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