1915 -
Gotha
: Perthes
- Autor: Hönger, Alfred
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Kaiserreich Geschichtsschulbuecher
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Bildungsstufen (OPAC): Sonstige Lehrmittel, alle Lernstufen
Dichtung
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— Was noch bis dahin mutz erduldet werden,
Erduldet's! Laßt die Rechnung der Tyrannen
Anwachsen, bis ein Tag die allgemeine
Und die besondre Schuld auf einmal zahlt.
Bezähme jeder die gerechte Wut
Und spare für das Ganze seine Rache:
Denn Raub begeht am allgemeinen Gut,
Wer selbst sich hilft in seiner eignen Sache.
(Indem sie zu drei verschiedenen Seiten in größter Ruhe abgehen, fällt das
Orchester mit einem prachtvollen Schwung ein, die leere Szene bleibt noch
eine Zeitlang osfen und zeigt das Schauspiel der aufgehenden Sonne über
den Eisgebirgen).
Heinrich von Kleist ^„Prinz Friedrich von Homburg").
Fünfter Aufzug. Siebenter Auftritt. 2ö', 16*$.
(Der Prinz von Homburg hat in der Schlacht bei Fehrbellin gesiegt, je-
doch dabei gegen den gemessenen Befehl des Großen Kurfürsten verstoßen.
Er wird deshalb gefangen gesetzt und zum Tode verurteilt. Währenddessen
ringt er sich zum unbedingten Gehorsam gegen den Kurfürsten durch; auch die
Fürbitte der meisten Offiziere für ihn vermag ihn nicht mehr umzustimmen. —
Saal im Schloß zu Fehrbellin am Tage nach der Schlacht. Sämtliche
Offiziere sind versammelt; der alte Oberst Kottwitz hat die Fürbitte mit
großer Wärme vorgetragen; Graf Hohenzollern, der Freund des Prinzen, hat
sie unterstützt. Da läßt der Kurfürst den Prinzen, dessen Gesinnungswandel
er kennt, rufen.)
Zler Prinz von Homburg tritt auf. Ein Offizier mit Wache. — Die Vorige«.
Kurfürst. Mein junger Prinz, Euch ruf' ich mir zu Hilfe!
Der Obrist Kottwitz bringt zugunsten Eurer
Mir dieses Blatt hier, schaut, in langer Reihe
Von hundert Edelleuten unterzeichnet;
Das Heer begehre, heißt es, Eure Freiheit,
Und billige den Spruch des Kriegsrechts nicht. —
Lest, bitt' ich, selbst, und unterrichtet Euch!
(Er gibt ihm das Blatt.)
Homliurg (nachdem er einen Blis hineingetan, wendet er sich und sieht sich
im Kreise der Offiziere um.)
Kottwitz, gib deine Hand mir, alter Freund!
Du tust mir mehr, als ich am Tag der Schlacht