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1. Lesebuch aus Gustav Freytags Werken - S. 101

1901 - Berlin : Weidmann
Reformation und 16. Jahrhundert. 101 im Jahre 1530 Einfluß auf das Leben des Sohnes. Als sein Martin mit 22 Jahren heimlich in das Kloster gegangen war, zürnte der Alte heftig, er hatte damals schon daran gedacht, den Sohn durch gute Heirat zu versorgen. Und als es endlich Freunden gelang, den empörten Vater zur Versöhnung zu bringen, als er dem flehenden Sohne wieder gegenüber trat und dieser gestand, daß eine furchtbare Erscheinung ihn zum stillen Gelübde des Klosters getrieben hatte, warf ihm der Vater die bekümmerten Worte entgegen: „Gott gebe, daß es nicht ein Betrug und teuflisch Gespenst war." Und noch mehr erschütterte er das Herz des Mönches dnrch die zürnende Frage: „Du glaubtest einem Gebot Gottes zu gehorchen, als du in das Kloster gingst, hast du nicht auch gehört, daß man den Eltern gehorsam sein soll?" Tief stach dies Wort in den Sohn. Und als er viele Jahre darauf auf der Wartburg saß, aus der Kirche gestoßen, vom Kaiser geächtet, da schrieb er an seinen Vater die rührenden Worte: „Willst du mich noch aus der Möncherei reißen? Du bist noch mein Vater, und ich noch dein Sohn, aus deiner Seite steht göttliches Gebot und Gewalt, aus meiner Seite steht menschlicher Frevel. Und steh, damit du dich vor Gott nicht rühmst, ist er dir zuvorgekommen, er selbst hat mich herausgenommen." Von da ab war dem Alten, als wäre ihm sein Sohn wiedergeschenkt. Von solchem Vater bekam der Sohn für das Leben mit, was Gruudzug seines Wesens geblieben ist, die Wahrhaftigkeit, den beharrlichen Willen, treuherziges Verständnis und umsichtige Be-handlung der Menschen und Geschäfte. Rauh war sein Kinderleben, viel Herbes hat er in der lateinischen Schule und als Chorsänger erfahren, aber auch Wohlwollen und Liebe, und ihm blieb, was in den kleinen Kreisen des Lebens leichter bewahrt wird, ein Herz voll Glauben an die Güte menschlicher Natur und voll Ehrfurcht vor allem Großen dieser Erde. Aus der Universität Erfurt vermochte sein Vater ihn schon reichlicher zu unterstützen, er fühlte sich in Jugendkraft, war ein fröhlicher Kamerad bei Saitenspiel und Gesang. Von seinem innern Leben in jener Zeit wissen wir wenig, nur daß der Tod ihm nahe trat, und daß er bei einem Gewitter mit „erschrecklicher Erscheinung vom Himmel gerufen wurde". In Angst des Todes gelobte er in ein Kloster zu gehen, schnell und verstohlen führte er feinen Entschluß aus.
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