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1. Das neue Reich - S. 35

1914 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 35 — zu und Gneisenau den Soldaten, und all die Bürger, die sich mutig wehren wollten, kriegten Gewehre und Säbel, und so wurden alle Wälle und Schanzen vollgestellt. Tag und Nacht wachten die armen Menschen, daß die Feinde nicht in die Stadt kämen. Von Zeit zu Zeit kamen englische Schiffe auf der See angefahren, die brachten den Kolbergern Brot und Fleisch, daß sie nicht zu verhungern brauchten. Denn vom Lande her ließen die Franzosen nichts hinein. Dann fuhr der alte Nettelbeck mit seinem kleinen Boot hinaus, den Engländern entgegen und stieg auf ihr Schiff, denn da wußte man mit dem Kolberger Äafen nicht Bescheid und hätte mit dem Schiff leicht auf den Sand stoßen und untergehen können. Nettelbeck stellte sich also ans Steuer und brachte das Schiff glücklich in den Äafen. Aber rechts und links neben ihnen sausten die Kanonenkugeln der Franzosen ins Wasser. Noch in der letzten Nacht hatten ein paar Kanonenkugeln sein eigenes Äaus getroffen. Da war kein Ziegel auf dem Dach heil geblieben, und keine Fensterscheibe mehr ganz, da pfiff der Wind hindurch. Eine Kugel war auf der Giebelseite hereingefahren und hatte die Decke eingeschlagen und war durch die Stube gefallen und hatte den Fußboden eingeschlagen, und so war sie in den Keller geflogen, und da lag nun alles in Trümmern übereinander. Aber Nettelbeck sagte: „Das ist einerlei, solange sie uns nicht selber totschießen, kämpfen wir weiter." Da wurde es den Tag ein Schießen und Prasseln und Brüllen, als wenn die Welt untergehen sollte, die ganze Luft war voll von den feurigen Kugeln, die durch die Luft pfiffen, das Rathaus brannte, viele Ääuser brannten, die Straßen waren voll von unglücklichen Leuten, die kein Äaus und keine Wohnung mehr hatten und sich nicht retten konnten vor den Kanonenkugeln der Franzosen. Aber ergeben wollten sie sich nicht. Da mit einem Mal — es war nachmittag um 3 Ahr — wurde alles still. Die Leute eilten auf die Schanzen und guckten nach den Feinden hinüber. Was war denn da los? Warum schossen sie nicht mehr? Da kam ein französischer Offizier heran, der hatte eine kleine weiße Fahne in der Land. Wenn im Kriege einer eine weiße Fahne aufsteckt, dann heißt es: „Äaltet jetzt Frieden, ich will nicht kämpfen, ich will mich friedlich mit euch bereden." So ließen die Kolberger ihn denn herankommen. And da sahen sie, ein preußischer Offizier ging neben ihm. Wo kam der her? Der konnte bloß vom König kommen, sonst hätten die Franzosen ihn nicht durchgelassen. Und richtig; kaum war er soweit heran, daß er seine lieben deutschen Brüder erkennen konnte, da fing er an zu laufen und breitete seine Arme aus und rief: „Friede, Kolberg ist gerettet." Da hatte die schreckliche Belagerung Kolbergs ein Ende, und 3*
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