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1. Von der germanischen Urzeit bis zur Französischen Revolution - S. 68

1911 - Leipzig : Wunderlich
68 Karl Lamprecht. erhalten sind; allein auch hier tritt wieder die heikle Frage auf, wieviel Seelen denn hinter jedem Steuerzahler gestanden haben. Geht man unter der durch alle diese und andre Schwierigkeiten auferlegten Zurückhaltung an die Aufstellung von Bevölkerungsziffern, so wird man eine mittlere Stadt auf höchstens 10 000 Einwohner schätzen dürfen; in neuerer Zeit ist Basel auf höchstens 15 000, Nürnberg auf etwa 20 000, Straßburg, wohl zu hoch, auf 50 000 Seelen berechnet worden.*) Zudem gelten alle diese Ziffern nur für das spätere Mittelalter; aber wie stets in Zeiten rasch erfolgenden Aufblühens, blieb das Bevölkerungsverhältnis der einzelnen Städte zueinander keineswegs dasselbe. So wird noch im 12. Jahrhundert Mainz, der Brennpunkt des oberrheinischen durch die schwierige Passage des Binger Lochs zum großen Teil vom Niederrhein getrennten Handels, als das Haupt des Reiches, die goldene, die größte Stadt bezeichnet, aber schon im 14. Jahrhundert wurde es von Straßburg erreicht, und im 15. Jahrhundert kam Frankfurt neben diesem auf, um es bald zu übertreffen. In den Niederlanden aber gab es im 12. Jahrhundert nur drei große Städte, Gent, Brügge und Jeperen, im 13. Jahrhundert dagegen kamen die braban-tifchen industriereichen Städte empor und schlugen dann die flandrischen Städte im 14. Jahrhundert wohl durchweg"an Zahl der Einwohner. Mit diesem Jahrhundert endlich hoben sich an Volksreichtum vor allem die Städte des Ostens, Hamburg, Lübeck, Danzig und andre; hier war die Zufuhr durch große Flüsse und zur See erleichtert, die Absperrung durch Territorialmächte geringer, und der lebhafte Handel der Hanse führte weithin zu tatsächlicher Freizügigkeit auch der ländlichen, nun in die Städte strömenden Bevölkerung. Indes wie hoch auch immer sich die Volkszahl mittelalterlicher Städte belaufen haben mag, jedenfalls wäre es falsch, von einer relativ geringen Bevölkerungsziffer auf die geringe politische Bedeutung dieser Zentren zu schließen. Schon die Geschichte des Reiches im 14. Jahrhundert müßte diese Annahme verbieten; sie bleibt ohne Anschlag der gewaltigen Kraftäußerungen der Städte unverständlich. Und diese Kraftäußerungen setzen bedeutende materielle Mittel voraus, wie sie bei verhältnismäßig so geringer Seelenzahl nur eine durchschnittlich wohlhabende Bevölkerung aufbringen konnte. In der Tat erreichte der mittlere Wohlstand des deutschen Bürgertums in dieser Zeit, soweit diese Frage bisher unter-sucht worden ist, alle Vorstellungen, die sich an blühende Epochen irgerw einer uns bekannten Kultur knüpfen können. Von den 15 000 Einwoh- *) Straßburg hatte im Jahre 1580 195 Gassen mit 3618 Häusern; vgl. C. Schmidt, Straßburger Gassen- und Häusernamen, 2. Aufl. S. 21. Schmidt nimmt dieselbe Größe für das 15. Jahrhundert an. Antwerpen wird für Ende des 14. Jahrhunderts auf etwa 20 000 Einwohner berechnet, ebenso Löwen, Brüssel auf 40 000(?), s. Vanderkindere S. 380. Ein schönes Beispiel zur ge° wohnlichen Überschätzung der Bevölkerungshöhe noch im 16. Jahrhundert bietet Luther, Tischr. 2964.
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