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1. Von der germanischen Urzeit bis zur Französischen Revolution - S. 170

1911 - Leipzig : Wunderlich
170 Leopold b. Ranke. König, der den dritten Stand verdoppelt hatte, um an ihm eine Stütze zu finden, vor seiner eigenen Schöpfung erschrak und durch die Haltung des dritten Standes bewogen wurde, sich auf die Seite der privilegierten Stände zu schlagen. Der dritte Stand erklärte sich nun, wie in Nordamerika, nicht nur gegen die Stände, sondern auch gegen den König, und es kam nun zu jenem berühmten Auftritte, wo die Bevölkerung von Paris, für den dritten Stand begeistert, nach Versailles zog, den König nötigte, nach Paris zu gehen, und ihn dort gewissermaßen zum Gefangenen machte. Der König ließ nun den Adel wissen, er solle sich mit dem dritten Stande vereinigen, und dieser setzte seine Ansicht durch, daß über jede einzelne Frage par tete abgestimmt werden sollte. Dadurch wurde nun alles zum Umstürze reif. Nunmehr bekam die Theorie der Repräsentation und die Ansicht, daß die Gewalt von unten aufsteige, die Oberhand, und die Männer, die hier vereinigt waren, gingen daran, die Verfassung Frankreichs auf dieser Grundlage aufzubauen, welche allem widersprach, was da bestand. Sie mußten aber hierin viel weiter gehen als die Nordamerikaner. Dort hatte es genügt, einige wenige Beamte zu beseitigen und Gewählte an ihre Stelle zu setzen; hier war der alte romano-germanische Staat eingewurzelt, dessen Einrichtungen sämtlich hinweggeräumt werden mußten. Es war die Abstraktion der amerikanischen Idee und nicht die Realität. Dieses fiel gerade in den Moment, wo der Kampf zwischen den beiden Mächten der Monarchie und Aristokratie auf das wütendste entbrannt war. Man darf behaupten, daß die Nachgiebigkeit des Königs in dieser Beziehung eine höchst verkehrte und unheilvolle war; aber das ist eben das Unglück der Menschen, daß sie ihre Maßregeln von Minute zu Minute ergreifen. Diese Konzession von seiten des Königs führte nun zu der konstituierenden Versammlung. Ich habe gezeigt, wie diese Idee des von unten her zu gründenden Staates aus Amerika nach Europa hinübergewandert war und wie diese Abstraktion der amerikanischen Republik in Europa Wurzel schlug, und zwar gerade in dem Lande, das in allen Dingen immer den Ton angegeben hatte. So nun trat jene konstituierende Versammlung zusammen, welche eine Verfassung machen wollte, in der das Königtum neben den anderen Faktoren der Gewalt bestehen sollte. Dies konnte aber von keiner Dauer sein; denn das monarchische Prinzip war untergraben, und ein anderes Prinzip als das republikanische existierte nicht. Bald entwickelte sich aus der konstitutionellen Partei die jakobinische, welche die Idee der Volkssouveränität und der von unten aufsteigenden Gewalt in ihren äußersten Konsequenzen geltend machte, bis die ganze Nation, von einem fanatischen Schwindel ergriffen, an nichts anderes mehr dachte als an Verwirklichung ihres politischen Ideals von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit. Schritt für Schritt gelangte man zur Absetzung Ludwigs Xvi., zu seiner Hinrichtung und endlich zur Proklamierung der Republik. Mittler-
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