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1. Lektüre zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 112

1910 - Leipzig : Wunderlich
112 Wilhelm Maurenbrecher. dem Kurfürsten mit der Möglichkeit, ihn wegen seiner notorischen Verrücktheit durch Familienratsbeschluß abzusetzen. Diese Aussicht schlug schneller durch als alle bisherigen Maßnahmen; der Kurfürst sah sich mit Absetzung bedroht, und da kroch er zu Kreuze. Trotz kleiner Schikanen, in denen sein Ärger sich Luft machte, gehorchte er; die alte Verfassung wurde wieder hergestellt und revidiert, um sie in Überein- stimmuug mit den Bundesgesetzen zu bringen. In Hessen hatte also Bismarcks schnelles und kräftiges Eingreifen das Recht des Landes und die öffentliche Ordnung wieder hergestellt, in derselben Zeit, in welcher die Liberalen in Preußen und in Deutschland von ihm sagten, er beabsichtige das Landesrecht in Preußen zu brechen und umzustürzen; und einen ähnlichen Ton schlug Bismarck damals auch in der schleswig-holsteinschen Frage an. Dagegen ging er in der polnischen Sache einen ganz anderen Weg. Während er von der Erkennt- nis aus, daß für Preußen die Auseinandersetzung mit Osterreich und der Ausschluß Österreichs aus Deutschland die Hauptaufgabe wäre, schon damals zu einem Schlage gegen Osterreich alles vorbereitete, politisch sowohl als diplomatisch, gewann er sich eine feste Rückendeckung an Rußland. Weit vorausschauende Gedanken beherrschten seinen Sinn. Der Bund mit Rußland war für ihn eine Voraussetzung für alle seine weiteren Unternehmungen. Anfangs 1863 war im russischen Polen ein Aufstand ausgebrochen, ähnlich wie 1830. Nationale Bestrebungen hatten sich dort geregt, die Flüchtigen hatten sich verschworen, sie agitierten darauf im Lande, und ein geheimer Ausschuß trat an die Spitze der Bewegung. Dieser Be- wegung galt es, Widerstand gegen die Rekrutenaushebung zu leisten, welche Kaiser Alexander für Januar 1863 angeordnet hatte. Und als damit Unruhe und Widersetzlichkeit begonnen hatten, so brach auch in demselben Monat der allgemeine Aufstand los, dessen Leitung Mieros- lawski als Diktator übernahm. Für Bismarck war in dem polnischen Aufstand schon bei der revolutionären Gefährdung der eigenen Grenz- bezirke die Interessengemeinschaft mit Rußland gegeben, deren be- sondere Betonung in Petersburg ihm zugleich die willkommene Ge- legenheit bot, die preußenfeindliche Partei am russischen Hofe matt- zusetzen. Sofort wurden vier Armeekorps an der Grenze in Kriegs- bereitfchaft gesetzt, ein eigenhändiges Schreiben des Königs durch General Gustav von Alvensleben als besonderen Gesandten dem Zaren Alexander überbracht und von Alvensleben am 8. Februar 1863 eine Militärkon- vention zur gegenseitigen Unterstützung abgeschlossen. Die Aufregung über diesen Schritt der preußischen Politik war groß. Man warf dem Minister vor, er gebrauche das preußische Heer als Scherge der Russen, er knechte sreie Völker, es hieß, die preußische Grenze stände dem russischen Heere offen. Frankreich und England erhoben großen Lärm, sie warnten Preußen und rieten von einer Unterstützung der Russen
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