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1. Lektüre zur Geschichte des 19. Jahrhunderts - S. 134

1910 - Leipzig : Wunderlich
134 Otto Fürst v. Bismarck. den könnte; es würden das unzuverlässige Bundesgenossen werden. Dasselbe würde der Fall sein, wenn man zur Entschädigung Sachsens etwa Würzburg oder Nürnberg von Bayern verlangen wollte, ein Plan, der außerdem mit der dynastischen Vorliebe Sr. Majestät für Ansbach in Konkurrenz treten würde. Ebenso hatte ich Pläne zu be= kämpfen, die auf eine Vergrößerung des Großherzogtums Baden hinausliefen, Annexion der bayerischen Pfalz, und eine Ausdehnung in der unteren Maingegend. Das Afchaffenburger Gebiet Bayerns wurde dabei als geeignet angesehen, um Hessen-Darmstadt für den durch die Maingrenze gebotenen Verlust von Oberhessen zu entschädigen. Später in Berlin stand von diesen Plänen nur noch zur Verhandlung die Ab- tretung des auf dem rechten Mainufer gelegenen bayerischen Gebietes, einschließlich der Stadt Bayreuth, an Preußen, wobei die Frage zur Erörterung kam, ob die Grenze auf dem nördlichen roten oder südlichen weißen Main gehen sollte. Vorwiegend schien mir bei Sr. Majestät die von militärischer Seite gepflegte Abneigung gegen die Unter- brechung des Siegeslaufes der Armee. Der Widerstand, den ich den Absichten Sr. Majestät in betreff der Ausnutzung der militärischen Er- folge und seiner Neigung, den Siegeslauf fortzusetzen, meiner Über- zeugung gemäß leisten mußte, führte eine so lebhafte Erregung des Königs herbei, daß eine Verlängerung der Erörterung unmöglich war und ich mit dem Eindruck, meine Auffassung sei abgelehnt, das Zimmer verließ mit dem Gedanken, den König zu bitten, daß er mir erlaubeu möge, in meiner Eigenschaft als Offizier in mein Regiment einzn- treten. In mein Zimmer zurückgekehrt, war ich in der Stimmung, daß mir der Gedanke nahe trat, ob es nicht besser sei, aus dem offen- stehenden, vier Stock hohen Fenster zu fallen, und ich sah mich nicht um, als ich die Tür öffnen hörte, obwohl ich vermutete, daß der Ein- tretende der Kronprinz fei, an dessen Zimmer ich auf dem Korridor vorübergegangen war. Ich fühlte seine Hand auf meiner Schulter, während er sagte: „Sie wissen, daß ich gegen den Krieg gewesen bin. Sie haben ihn für notwendig gehalten und tragen die Verantwortlich- keit dafür. Wenn Sie nun überzeugt sind, daß der Zweck erreicht ist und jetzt Friede geschlossen werden muß, so bin ich bereit, Ihnen beizn- stehen und Ihre Meinung bei meinem Vater zu vertreten." Er begab sich dann zum Könige, kam nach einer kleinen halben Stunde zurück in derselben ruhigen und freundlichen Stimmung, aber mit den Worten: „Es hat sehr schwer gehalten, aber mein Vater hat zugestimmt." Diese Zustimmung hatte ihren Ausdruck gefunden in einem mit Bleistift an den Rand einer meiner letzten Eingaben geschriebenen Marginale un- gesähr des Inhalts: „Nachdem mein Ministerpräsident mich vor dem Feinde im Stiche läßt und ich hier außerstande bin, ihn zu ersetzen, habe ich die Frage mit meinem Sohne erörtert, und da sich derselbe der Aus- fassung des Ministerpräsidenten angeschlossen hat, sehe ich mich zu
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