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1. Das Altertum - S. 70

1913 - Leipzig : Wunderlich
— 70 — seine innerste Eigentümlichkeit bezeichnet. Ihr verdankte er das Vermögen, unbeirrt durch Erinnern und Erwarten energisch im Augenblick zu leben; ihr die Fähigkeit, in jedem Augenblick mit gesammelter Kraft zu handeln und auch dem kleinsten und beiläufigsten Beginnen seine volle Genialität zuzuwenden; ihr die Vielseitigkeit, mit der er erfaßte und beherrschte, was der Verstand begreifen und der Wille zwingen kann; ihr die sichere Leichtigkeit, mit der er seine Perioden fügte wie seine Feldzugspläne entwarf; ihr die „wunderbare Heiterkeit", die in guten und bösen Tagen ihm treu blieb; ihr die vollendete Selbständigkeit, die keinem Liebling und keiner Maitresse, ja nicht einmal dem Freunde Gewalt über sich gestattete. Aus dieser Verstandesklarheit rührt es aber auch'her, daß Cäsar sich über die Macht des Schicksals und das Können des Menschen niemals Illusionen machte; für ihn war der holde Schleier gehoben, der dem Menschen die Unzulänglichkeit seines Wirkens verdeckt. Wie klug er auch plante und alle Möglichkeiten bedachte, das Gefühl wich doch nie aus seiner Brust, daß in allen Dingen das Glück, das heißt der Zufall das gute Beste tun müsse; und damit mag es denn auch zusammenhängen, daß er so oft dem Schicksal Paroli geboten und namentlich mit verwegener Gleichgültigkeit feine Person wieder und wieder auf das Spiel gesetzt hat. Aus einer solchen Anlage konnte nur ein Staatsmann hervorgehen. Von früher Jugenb an war benit auch Cäsar ein Staatsmann im tiefsten Sinne des Wortes und sein Ziel das höchste, das dem Menschen gestattet ist, sich zu stecken: die politische, militärische, geistige und sittliche Wieber-geburt bet tiefgesunkenen eigenen und bet noch tiefer gesunkenen, mit der seinigen innig verschwisterten hellenischen Nation. Die harte Schule breißigjähriger Erfahrungen änberte seine Ansichten über die Mittel, wie bies Ziel zu erreichen fei; das Ziel blieb ihm dasselbe in den Zeiten hoffnungsloser Erniebrigung wie unbegrenzter Machtvollkommenheit, in den Zeiten, wo er als Demagog und Verschworener auf dunklen Wegen zu ihm hinschlich, wie da er als Mitinhaber der höchsten Gewalt und sodann als Monarch vor den Augen einer Welt im vollen Sonnenschein an seinem Werke schuf. Alle zu den verschiedensten Zeiten von ihm ausgegangenen Maßregeln bleibender Art ordnen in den großen Bauplan zweckmäßig sich ein. Von einzelnen Leistungen Cäsars sollte darum eigentlich nicht geredet werden; er hat nichts einzelnes geschaffen. Mit Recht rühmt man den Redner Cäsar wegen seiner aller Advokatenkunst spottenden männlichen Beredsamkeit, die wie die klare Flamme zugleich erleuchtete und erwärmte. Mit Recht bewundert man an dem Schriftsteller Cäsar die unnachahmliche Einfachheit der Komposition, die einzige Reinheit und Schönheit der Sprache. Mit Recht haben die größten Kriegsmeister aller Zeiten den Feldherrn Cäsar gepriesen, der wie kein anderer unbeirrt von Routine und Tradition immer diejenige Kriegführung zu finden wußte, durch welche in dem gegebenen Falle der Feind
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