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1. Erläuterungen zu Ad. Lehmanns Kulturgeschichtlichen Bildern und Ergänzung zu jedem Geschichtslehrbuch - S. 59

1917 - Leipzig : Wachsmuth
— 59 — worden. Wir legen in folgendem den anschaulichen und ganz zuverlässigen Bericht Ulrichs von Richental1) zugrunde. Ara achtzehnten Tage nach Ostern (18. April), an dem Sonntag. so man singt: Quasi modo geniti, empfing Burggraf Friedrich von Nürnberg vor dem Imbiß, um die achte Stunde sein Kurfürstentum, die Markgrafschaft Brandenburg, am oberen Markt. Und es war daselbst an dem hohen Hause „zu dem hohen Hafen“ gezimmert und angelegt ein sehr weiter und breiter Weg über das Gewölbe hinweg bis an die Fenster, und vor den Fenstern eine große Tribüne, worauf wohl vierzig Mann stehen konnten. Die Tribüne war oben verdeckt mit schönen und großen goldenen Tüchern, alles hoch in der Luft; und gegen die Mauer hing ein großes, schönes goldenes Tuch. Wenn einer von unten hinaufsah, so meinte er, es funkele alles von Gold. Und auf der Tribüne war ein hoher Sessel errichtet mit einem goldenen Kissen und darüber ein kleines goldenes Tuch, und hinten an dem Rücken ein schönes azurblaues Tuch mit Gold; und neben dem Sessel waren zwei Stühle errichtet, zu jeder Seite einer, und auf jedem Stuhle *) Ulrich von Riehental war ein sehr vermögender, sehr angesehener und weitgereister Konstanzer Bürger. Er schildert die Belehnung in seiner Geschichte des Konstanzer Konzils und ist zweifellos ein durchaus glaubwürdiger Augenzeuge der Ereignisse. Mit den vornehmsten Mitgliedern des Konstanzer Konzils, auch mit Kaiser Sigismund selbst, stand er in Verbindung. Sigismund feierte sogar mit seinem ganzen Hofstaate das St. Johannisfest auf Richentals Landgut, ein sicherer Beweis seines großen Ansehens und seiner Wohlhabenheit. Richental war kein Adeliger, wahrscheinlich gehörte er auch nicht dem geist-licheu Stande an. Aus verschiedenen Eigentümlichkeiten und Bemerkungen in seinem Tagebuch kann man eher darauf schließen, daß er entweder ein Kaufmann oder ein Schreiber im weiteren Sinne des Wortes gewesen ist. Er weiß zwar nichts von der schweren Arbeit, die in den Sitzungen getan wurde; auch die weltgeschichtlichen Vorgänge entziehen sich seiner Würdigung. Aber er hat einen offenen Blick für alle Äußerlichkeiten und Einzelheiten, einen lebhaften Sinn für allen äußeren Prunk, für alles Auffällige und Seltsame. Ura dies dem Gedächtnis der Mit- und Nachwelt aiifzubewahren, hat Richental nicht nur geschrieben, sondern er hat für sein Konzilswerk auch Zeichner besoldet, die ihm Münster und Kaufhaus, Straßen und Plätze, Kapellen und Stuben so wiedergeben mußten, wie sie jeder Konstanzer damals kannte, die auch allerlei Menschen, scharf charakterisiert, und wichtige Vorgänge mit Stift und Pinsel festhielten. Eine dieser Darstellungen hat dem Maler unseres Belehnungsbildes als Grundlage gedient. — Richental hat seine Aufzeichnungen wahrscheinlich in den Jahren 1418 und 1419 niedergeschrieben.
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