Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Ein Besuch im Benediktiner-Kloster - S. 15

1913 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
— 15 — zu Ehren hatte er den 45. Psalm erkoren; er trat auf und sprach einleitend: „Herr, öffne meine Lippen, auf daß mein Mund dein Lob verkünde," und alle sprachen's ihm murmelnd nach, als Segen zu seiner Lesung. Nun erhub er seine Stimme und las den Psalm, den die Schrift selber einen lieblichen Gesang nennet. Die Mahlzeit begann. Der Küchenmeister, wohl wissend, wie bei Ankunft fremder Gäste Erweiterung der schmalen Klosterkost gestattet sei, hatte es nicht beim üblichen Mus mit Hülsenfrüchten bewenden lassen. Auch der strenge Küchenzettel des seligen Abts Hartmut ward nicht eingehalten. Wohl erschien zuerst ein dampfender Hirsebrei, auf daß, wer gewissenhaft bei der Regel bleiben wollte, sich daran ersättige; aber Schüssel aus Schüssel folgte: bei mächtigem Hirschziemer fehlte der Bärenschinken nicht; sogar der Biber vom obern Fischteich hatte sein Leben lassen müssen; Fasanen, Rebhühner, Turteltauben und des Vogelherds kleinere Ausbeute folgten; der Fische aber war eine unendliche Auswahl, sodaß schließlich ein jeglich Getier, watendes, fliegendes, schwimmendes und kriechendes, auf der Klostertafel seine Vertretung fand. — Der stattliche Nachtisch, auf dem Pfirsiche, Melonen und trockene Feigen geprangt hatten, war verzehrt. Lebhaftes Gespräch an den andern Tischen deutete auf nicht unfleißiges Kreisen des Weinkrugs. Auch nach der Mahlzeit — so wollte es des Ordens Regel — war zur Erbauung der Gemüter ein Abschnitt aus der Schrift oder dem Leben heiliger Väter zu verlesen. Darum las Ekkehard ein Stück aus dem Leben des heiligen Benediktus, das einst Papst Gregorius verfaßt. Spazzo aber schlug unversehens dem Vorleser das Buch zu, daß der holzbeschlagene Deckel klappte, hob ihm seinen Pokal entgegen und sprach: „Soll leben der heilige Benedikt!" Und wie ihn Ekkehard vorwurfsvoll ansah, stimmte schon die jüngere Mannschaft der Klosterbrüder lärmend ein; sie hielten den Trinkspruch-für ernst, und fröhlicher Zechgesang und lauter Jubel durchdrang den Saal. Etliche stürmten hinaus und kamen wieder mit Instrumenten. Der brachte eine Laute, jener ein Geiglein, worauf nur eine Saite gespannt, ein anderer eine Art Hackbrett mit eingeschlagenen Metallstiften, zu deren Anschlag ein Stimmschlüssel dienlich war, wiederum ein anderer eine zehnsaitige Harfe, Psalter hießen sie das seltsam geformte Instrument und sahen in seiner
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer