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1. Kleine Lebensbilder aus dem Mittelalter - S. 58

1872 - Elberfeld : Bädeker
— 58 — gelangte später ans Ufer und ritt durch eine hohle Gasse nach Küß-nacht hinauf; hier lauerte Tell auf ihn hinter einem Busche und schoß ihm einen Pfeil durch die Brust. Die Eidgenossen, die mit dieser That Tell's nichts gemeinsam hatten, setzten die Ausführung ihres Planes auf den 1. Januar 1308 fest. Es war Sitte, daß au diesem Tage den Vögten Geschenke zu Neujahr dargebracht wurden. Als etwa zwanzig Männer zur Burg des Landenberg hinaufstiegen, scheinbar in jener Absicht, begegnete ihnen dieser, als er eben unten in das Dorf zur Messe gehen wollte. Arglos hieß er sie mit ihren Geschenken in die Burg gehen und ritt weiter. Kaum waren sie im Thore, so zog jeder ein Eisen unter dem Kleide hervor und steckte es aus seinen hölzernen Stab. Zugleich gaben sie ein verabredetes Zeichen und dreißig andere Männer eilten aus dem Hinterhalte hervor, machten die Wache am Thore zu Gefangenen und bemächtigten sich des Schlosses. Nun ertönten von Alp zu Alp die verabredeten Zeichen und überall wurden die Zwingherren vertrieben. Landenberg entfloh und eilte zum König Albrecht; doch war dieser, ehe er den Abfall der Waldstätter erfuhr, bereits ermordet. Wir haben diese Erzählung von der Befreiung der Schweiz in der hergebrachten Weise dargestellt, der auch Schiller in seinem schönen Schauspiele „Wilhelm Tell" gefolgt ist; boch müssen wir hier bemerken, daß nach den Untersuchungen der Gelehrten in neuerer Zeit sich herausgestellt hat, daß die Wahrheit hier mit Dichtung stark vermischt ist. So ist es nach Urknnben gar nicht nachzuweisen, daß jemals ein Geßler als Lanbvvgt in der Schweiz gelebt hat, und es ist wahrscheinlich, daß die Geschichte von dem Pfeilschusse Tell's aus dem Norbert stammt, in dem dänische Geschichtsschreiber von einem dänischen Häuptlinge Palnatofe erzählen, dem in ganz ähnlicher Weise, wie dem Tell vom Geßler, vom Könige befohlen wurde, seinem Sohne einen Apfel vom Haupte zu schießen. Damit ist aber die Thatsache selbst, daß die Schweiz sich von österreichischer Herrschaft befreite, nicht beseitigt. Denn sieben Jahre später 1315 zog der Herzog Leopold von Oesterreich mit einer Heerschaar von neuntausend Mann gegen die Schweizer, um sie wegen des Abfalls zu strafen. Er wollte über Morgarten in die Schweiz einrücken; dort war ein Engpaß, durch den das Heer ziehen mußte. Oberhalb dieses Engpasses lagerten dreizehnhundert Schweizer. Fünfzig Verbannte,
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