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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 58

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
58 Iv. v. Sybel, Einwirkung der Julirevolution auf Deutschland. sache, daß die Festigkeit der nordamerikamschen Regierung ganz und gar auf der wesentlichen Unabhängigkeit ihres Präsidenten von dem Parlamente beruht. Auch über das schöne Bild der demokratischen Gleichheit waren die Vorstellungen wenig entwickelt. Nur wenige machten es sich deutlich, daß die Forderung gleiches Rechtes edel und sittlich ist, wenn sie gleichen Rechtsschutz und gleiche Rechtsfähigkeit oder mit einem Worte Gleichheit vor dem Gesetz bedeutet, daß sie aber in ihr Gegenteil umschlägt, sobald sie zum Begehren gleiches Genusses und gleicher Macht ohne Rücksicht auf die Leistungsfähigkeit des Einzelnen sich steigert und damit die schiefe Ebene zur kommunistischen Gewalt betritt. Ganz thöricht zeigte sich jetzt übrigens die Meinung, daß die Ceusur der Zeitungen und kleinern Druckschriften der Verbreitung solcher Gedanken Einhalt thun könnte. Die Tirailleure waren abgefangen, die Wirkung der schweren Geschütze dauerte fort. Die censurfreien Bücher über zwanzig Bogen gingen von Hand zu Hand; wer politische Belehrung suchte, faud bei jeder Frage die Antwort in Rottecks und Welckers Staatslexikon nach dem allein seligmachenden Maße der französischen Theorien, und das ganze freisinnige Publikum lernte aus Schlossers Geschichte des 18. Jahrhunderts, daß die Wirksamkeit der Fürsten, Staatsmänner und Diplomaten infolge ihres Berufes eine ganz unmoralische und der Verachtung des rechtschaffenen Bürgers würdige sei. Und nicht minder erwies sich bei diesen Stimmungen die Hoffnung als trügerisch, durch die Verbesserung der ökonomischen Lage die politische Gärung zu beschwichtigen. Wenn 1789 die französische Revolution wesentlich durch das sociale Elend der Volksmassen möglich geworden war, so wuchs jetzt mit der Steigerung des Wohlstandes auch das Selbstgefühl des deutscheu Bürgertums und mit ihm der Unwille, durch die bundestägliche Reaktion der besten Freiheitsrechte beraubt zu sein. Aber damit nicht genug. Man weiß, daß die Deutschen, wenn auch nicht unempfindlich bei politischen Streitfragen, doch im innersten Grunde des Herzens erst durch religiöse Kämpfe erregt werden, und gerade jetzt traten aus diesem Gebiete zwei mächtige Bewegungen, von gleicher Stärke, aber entgegengesetzter Richtung, ein. Das bisherige Stillleben der evangelischen Kirche unter der Herrschaft der Schleier-macherschen Theorie von der Vermittlung zwischen Glauben und Wissen wurde 1835 plötzlich gestört durch David Strauß' Leben Jesu und die bald darauf folgenden Werke F. Chr. Banrs und der übrigen Vertreter der damaligen Tübinger Schule. Hier wurde der Beweis
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