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1. Geschichtliches Lesebuch - S. 68

1898 - Göttingen : Vandenhoeck & Ruprecht
68 Y. Pfizer, Stellung von Österreich und Preußen. Erniedrigung und seinen Anteil an der Weltgeschichte fordern und erhallen. — 17. Brief. Stellung von Österreich und Preußen gegen das übrige Deutschland. Gewiß kann kein Deutscher, für den dieser Name noch eine Bedeutung hat, ohne ein Gefühl schmerzlicher Wehmut daran denken, daß das deutsche Volk in der Reihe der Nationen einst nicht nur zählte, sondern ohne Widerspruch die erste Stelle einnahm, als es noch einen deutschen Kaiser und ein Deutschland gab. Aus fernen Jahrhunderten, aus deu Zeiten der sächsischen, fränkischen und schwäbischen Kaiser, klingen Töne, leuchtet noch ein Widerschein zu uns herüber, sagenhaft, dämmernd und berauschend für das vaterländische Herz, das ungerne dem Traume einer ruhmvollen Vergangenheit sich entreißt, ja die Zeit ist nicht so gar entfernt, wo mancher noch eine Wiederauferstehung jenes wundersamen heiligen römischen deutschen Reichs für möglich hielt, vielleicht sogar erwartete und auf den Erben seines Kaisernamens einen Blick der Sehnsucht richtete. Doch die Wirklichkeit, die mit leeren Träumen sich nicht zwingen, mit einer thatlosen Trauer sich nicht abfinden läßt, besteht auf ihrem Rechte und wird nicht müde, uns zu predigen, daß wir nicht berufen find, vorn Nachlaß der Vergangenheit zu zehren, daß wir, um zu genießen, selber kämpfen und erwerben, und statt auf den Schultern unserer Voreltern zu ruhen, auf eigenen Füßen stehen müssen. Nicht in weichlicher, kraftloser Sehnsucht sollen wir uns verzehren, vom Winter keine Blüten erwarten, vom verdorrten Baum feine Frucht verlangen. Was einmal vorüber ist, kommt nicht wieder, denn die Geschichte weiß nichts von jenen Restaurationen, mit welchen sich die kurzsichtige Weisheit der Menschen brüstet. Alle Versuche dieser Art, verlebte Zustände durch die Kraft menschlicher Berechnung zurückzuführen, die Vergangenheit zu verjüngen und ein entflohenes Leben wieder zu bannen, von Philopmnen und Julian dem Apostaten bis auf die neueste Restauration der Bourbons und des Papstes, haben im glücklichsten Falle nichts als ein kraftloses, kränkelndes Scheinleben, einen bleichen Schatten besserer Zeit heraufbeschworen. Sie sind mißlungen und mußten mißlingen, weil sie dem Gesetz des Lebens widerstreiten, das die Natur und die Geschichte beherrscht. So wenig als aus einer verwesten Pflanze dasselbe Gewächs wieder hervorkeimt, sondern ein
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