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1. Das Mittelalter - S. 6

1884 - Mainz : Kirchheim
6 Das römische Kaiserreich. Tiberius. lung Zu ebenen. Es sank das alte dahin, doch, um mit dem Dichterwort zu sprechen, „ein neues Leben blüht aus den Ruinen." Das von Octavianus Angnstus gegründete Kaiserreich trug den Keim des Verderbens in sich, denn der große Staatsmann konnte wohl die Form des Staates ändern, nicht aber die sittlichen Gebrechen, an welchen die Zeit krankte, beseitigen. Die Vornehmen stiegen empor durch geschmeidigen Knechtssinn und zogen die sichere Gegenwart der gefährlichen Vergangenheit vor. Viel schlimmer noch stand es mit der großen Menge, in welcher der republikanische Wannessinn längst erloschen war: „Brot und Spiele" war der Rus des Volkes, das einst durch Mäßigkeit und Arbeit sich die Weltherrschaft errungen halte. Deshalb blieben denn auch alle Verbote, die der Kaiser gegen die sittlichen Übelstände richtete, erfolglos; mit dem Buchstaben des Gesetzes läßt sich eben ein langsressender Krebsschaden im Staatsleben nicht heilen. Ebenso mußte Augustus der Schaulust der Menge seinen Tribut bringen. Tierhetzen, Wettrennen im Cirkus, Gladiaioren-nnd Bühnenspiele hielten die Menge in Atem; einmal gab er dem Volke ein großes Seegefecht in einem dazu besonders gegrabenen See von 1800 Fuß Länge und 1200 Fuß Breite, an welchem 30 Zwei- und Dreiruderer und 3000 Kämpfer teil nahmen. Nicht zu beseitigen waren ferner die öffentlichen Brotspenden, wodurch eine ungeheure lungernde Volksmasse auf Staatskosten unterhalten wurde; man rechnet die Zahl der Unterstützten in der wahrscheinlich anderthalb Millionen Einwohner zählenden Stadt aus 2 — 300,000. Das waren erschreckende Verhältnisse! Dazu kam, daß in den Nachfolgern des Augustus bis Nero hin immer mehr ein allen göttlichen und menschlichen Gesetzen Hohn sprechender Herrscherwahnsinn durchbrach. Es war eine entsetzliche Stufenleiter von Gebrechen und Lastern von dem menschenfeindlichen Trübsinn des Tiberius an bis zu der Verrücktheit des Caligula, dem Stumpfsinn des Claudius und der unmenschlichen Blutgier des Nero. Aber diese Kaiser waren doch nur Kinder ihrer Zeit und der elende Sinn der Beherrschten machte auch die Herrscher elender. Ein flüchtiger Blick auf diese Kaiser aus dem Haufe des Augustus genügt, um zu erkennen, welche menschliche Zerrbilder damals die Weltgeschichte in Händen hatten. Tiberius (14—37) war 55 Jahre alt, als er die Regierung übernahm, ein kalter, lauernder, heimtückischer Fürst, dessen harten Charakter kein menschlich anmutender Zug milderte. Hervorragendes Herrschertalent ist ihm in der ersten Hälfte feiner Regierung nicht abzusprechen; er ordnete durch weise Sparsamkeit die Finanzen, so daß er nach seinem Tode einen wohlge-
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