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1. Das Mittelalter - S. 131

1884 - Mainz : Kirchheim
Beurtheilung der Scene von Canossa. 131 Mittellosigkeit herrschte, bloß durch die Kraft des eigenen Geistes und Willens, ein ehrwürdiges Institut, das mit Füßen getreten ward, aus seiner Entwürdigung zu neuem und früher nie gekanntem Glanze erhob; in Heinrich aber einen Menschen, dem der Vater eine fast uuumschränke Herrschaft über ein, für die damalige Zeit reiches und tapferes Volk hinterlassen hatte, und der trotz dieser Fülle äußerer Mittel, durch die Niederträchtigkeit eigenen Sinnes, in dem Schmutze der niedrigsten Laster versenkt, die die Zunge nicht gern ausspricht, zum elenden Bettler herabgesunken, und nachdem er alles, was dem Menschen heilig sein kann, mit Füßen getreten, in innerer Erbärmlichkeit, vor der Stimme jenes geistigen Helden erzitterte. In der That, man muß selbst überaus roh und geistig untergeordnet sein, wenn man die natürliche Beziehung der Nationalität so hoch anschlägt, um sich durch sie hindern zu lassen, jubelnd in den Triumph einzustimmen, den zu Canossa ein edler Mann über einen unwürdigen Schwächling feierte. Ein ähnliches Urteil füllt ein anderer Geschichtschreiber, indem er sagt: „Gregor ließ Heinrich Iv. in Canossa zu, erschwerte ihm jedoch absichtlich die Buße, um zu erproben, wie ernst es dem König damit sei, und um ihm zu zeigen, wie ernst er selbst diesen Fall auffasse. Ein gewissenhafter Mann stand hier einem gewissenlosen Jüngling gegenüber. Wenn der letztere bloß eine Komödie spielen wollte, um hinterdrein den ehrwürdigen Papst zu äffen, hatte Gregor alle Ursache, sich gegen die Zudringlichkeit des jungen Königs zu sträuben, auf seiner Hut vor ihm zu sein, und, wenn er ihm Gnade widerfahren ließ, es mit so ernster Würde zu thun, daß dem im innersten Herzen dennoch frivolen Büßer wenigstens das Sachen vergehen sollte. So allein muß jener verhaßte Tag von Canossa aufgefaßt werden. Gregor bezweckte keineswegs in geistlicher Hoffart und welschem Übermute eine Beschimpfung des Königs und noch viel weniger der deutschen Nation. Er hatte den König weder gerufen noch erwartet, er wollte die Scene in Canossa gar nicht spielen, Heinrich selbst war es, der ihn dazu zwang." 6. Ausgang des Streites. Heinrich, der Versprechungen nur im Drange der Not gab und, wie ihm die Umstände günstig wurden, in seinem Handeln so weit, als er Macht hatte, ging, sah sich bald nach dem in Canossa Erlebten in einer Umgebung, die ihn zum Widerstände 9 *
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