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1. Das Mittelalter - S. 210

1884 - Mainz : Kirchheim
210 Die Minnesänger. Abgeschlossenheit eine Idealwelt, der Wirklichkeit völlig fremd, und nur bei wenig hochbegabten Dichtern klingen die ereignis-vollen Zeiten der Hohenstaufen in Worten wieder. Alles dreht sich um die Liebe (dieminne)x) und von diesem unendlich wiederholten Thema haben auch die Dichter deu zusammenfassenden Namen der Minnesänger bekommen. Dies Gebiet wurde in wunderbarster Fülle angebaut, mit einer Innigkeit des Gefühls und einem Wohllaut der Sprache, hinter welchen freilich die Troubadours weit zurückstanden, und Dichter in großer Zahl haben über geträumtes Liebesglück und Leid in den kunstvollsten Versen ihre melodischen Fluten ausgegossen. Mit dem Liebesglück eng verbunden ist die Freude an der erwachenden Natur, namentlich aber an der Religion und dem Vaterlande. So erzählen uns die Dichter auch von dem Wehen der Büsche, dem Sprießen der Blumen, der Vögelein Schallen im wunderlieblichen Mai; „sie singen von Lenz und Liebe, von sel'ger goldner Zeit, von Freiheit, Männerwürde, von Treu und Heiligkeit." Schon der äußere Aufbau der Gedichte ist ein Kunstwerk; die vollklingende altdeutsche Sprache hatte damals bereits ihre vokalreichen Endsilben meistens in das tonlose e umgewandelt, so daß eine unübertreffliche Mannigfaltigkeit und Verschlingung der Reime das Tönende zu ersetzen suchte. Es bildete sich eine in eigenen Schulen gelernte Verskunst aus, das „Singen und Sagen," von den einfachen gepaarten Reimen an bis zu der vielfach sich verwebenden Strophe, dem Lied („liet"). Das Lied wird gebildet durch eine Anzahl Strophen, von denen jede aus drei Teilen besteht. Die beiden ersten Teile, Stollen genannt , haben gleichen Bau und verhalten sich zu einander wie Satz und Gegensatz. Im dritten, meist lungern Teil, dem A b-gesang, finden dann die beiden ersten ihre Ausgleichung. Der Name Stollen ist hergenommen aus der Architektur; es sind die beiden ausrechtstehenden Balken, über welchen ein dritter ruht, der beiden eine feste Verbindung giebt; es ruhte also die Strophe auf zwei Pfeilern, die zu einem Ganzen verbunden waren. Als Beispiel möge folgende Strophe dienen: (Erster Stollen) Lande hab ich viel gesehen Nach den Besten blickt ich allerwärts 1) Der Ausdruck Minne bedeutet ursprünglich das stille sehnende Denken an die Erwählte des Herzens, bezeichnet also die Liebe nach ihrer seelenvollen Seite. (In Sanskrit bedeutet die Wurzel man erinnern, lateinisch meminisse, althochdeutsch meinan gedenken, meina die Erinnerung, die gedankenvolle Stimmung, vergleiche unser minnen und meinen.)
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