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1. Das Mittelalter - S. 254

1884 - Mainz : Kirchheim
254 Das Bürgertum. glänzendem Strahl, das eintönige matte Licht des aufsteigenden Tages fällt in die dämmerigen Thäler, ein gleichförmiges Gran liegt über dem deutschen Lande; überall zwar rührt sich darin die Tagesarbeit des jungen Volkes, aber dem entfernten Auge sind Diele Einzelheiten schwer erkennbar." Diese Worte des Dichters und Geschichtsschreibers, dessen „Bilder" das innere Leben des deutschen Volkes nach seinen Entwickelungsstufen uns anschaulich vorführen, bezeichnen treffend die Wandlung, welche mit dem Emporkommen der Städte im deutschen Volksleben vorgeht. Während bisher Fürsten, Adel und Ritter, Bischöfe, Stistsgeistliche und die älteren Mönchsorden die Träger eine höheren und edleren Bildung waren, Pflegten jetzt Taufende von Kaufleuten, Handwerkern und neu entstandenen Mönchsorden die hervorragenden Lebensinteressen des Volkes. Sie thun es aber, indem sie für sich selbst sorgen; denn es ist ein hartes, egoistisches Geschlecht, das in den aufblühenden Städten seinen Vorteil sucht und in drangsalvoller Zeit unter äußerem Kamps und innerem Hader, unter Wagnis und harter Arbeit all seine Gedanken auf Erwerbung von Recht und Besitz richtet. Lind überall in Kampf und Arbeit, in Poesie und Genuß gilt der Einzelne an sich wenig, alles die Genossenschaft, die sich gegen andere abscheidet, bei jeder Macht der Erde Begünstigung und Privilegium vor der anderen sucht, und in der der Einzelne Schutz, Macht und derben Genuß findet. Di e mittelalterlichen Lebensformen beginnen sich auszulösen, überall ist Krieg, Fehde und Zerstörung, und doch wachsen in dieser Zeit die Städte, und die friedliche Arbeit derselben gedeiht reichlicher und kunstvoller. Wie von den vielen alten gotischen Kirchen nicht zwei einander ganz gleich sind, obgleich sie eine gemeinsame Grundform haben, so gab es im heiligen römischen Reich auch nicht zwei Stadtgemeinden mit ganz gleicher Verfassung, wiewohl alle verwandte Grundzüge zeigen, und selbst die Tochterstädte, die nach der Mutter Lübifches, Kölnisches, Magdeburger, Wormser u. s. w. Recht haben, besitzen alle ihr Eigentümliches, bis auf die verschiedenen Rauten der Titel und Ämter ihrer Magistrate. Und diese scheinbare Regellosigkeit, die doch einen herrschenden Grundgedanken zeigt, ist gerade das Wesen insbesondere des deutschen Mittelalters. Unter den Sachsen- und Frankenkaisern hatte der König in feiner Reichsstadt, der Bischof oder Herzog in seiner Landstadt, die er unter den Schutz einer Burg gestellt, durch seinen Burggrafen oder Vogt, der die Burgmannen und Stadtreifigen
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