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1. Die Neuzeit - S. 41

1884 - Mainz : Kirchheim
Das falsche System Luthers. 41 In diesem peinlichen Seelenzustande, der immer unerträglicher wurde, suchte Luther in der Bibel, welche ihm Staupitz geschenkt hatte, eine für seinen Zustand tröstliche Lehre. Ein alter Augustiner machte ihn auf die Stelle im Briefe Pauli an die Römer (3, 28.) aufmerksam, wo es heißt: daß der Mensch gerecht werde ohne des Gesetzes Werke durch den Glauben. — Die Art und Weise, wie Luther diese Stelle auffaßt x), war offenbar das Ergebnis seines damaligen Seelenzustandes und für diesen persönlichen Zustand höchst erwünscht, ohne daß er selbst der nächsten und unabweisbaren Folgerung, die sich ans seiner Vorstellung ergab, im Augenblick bewußt sein mochte. Doch nicht lange nachher ward ihm die Tragweite dieses Ausspruches klarer, dessen Einsicht ihm, wie er schloß, durch höhere Eingebung zu teil geworden war. Das Fundament war für ihn da, auf dem er weiterbauen konnte. Was von den kirchlichen Glaubenslehren und Einrichtungen zu demselben nicht paßte, das mußte nun folgerecht als unächt ausgeschieden, und die Kirche selbst, welche die Lehre von der Rechtfertigung des Menschen anders auffaßte und lehrte, nicht als die wahre angesehen werden. So weit war Luther mit sich im reinen, als ihm die Predigten Tetzels eine Veranlassung gaben, seiner Ansicht Eingang zu verschaffen. Er war damals Lehrer an der im Jahre 1502 gegründeten Universität Wittenberg, wohin ihn deren Stifter, der Kursürst Friedrich der Weise von Sachsen, auf die Empfehlung des ebenfalls dort angestellten Dr. Staupitz berufen hatte (1508). Hier lehrte er zuerst Philosophie, widmete sich aber später mehr der Theologie. Im Jahre 1510 machte er in Angelegenheiten seines Ordens eine Reise nach Rom. Beim Anblick dieser Stadt fiel er auf fein Angesicht nieder, und rief mit aufgehobenen Händen: „fei mir gegrüßt, du heiliges Rom!" Auch unterzog er sich dort allen Übungen der Pilgerfrömmigkeit, und legte die Skala Santa auf den Knien zurück, um den hohen Ablaß zu erlangen, der an diese Andacht geknüpft war. Nach feiner Rückkehr wurde ihm die Würde eines Doktors der Theologie erteilt (1512). Er hielt jetzt Vorlesungen über das alte und neue Testament und suchte zu beweisen, wie man sich der Seligkeit wegen allein an die göttlichen Schriften der Propheten und der Apostel halten müsse. Seine Vortrüge, denen sich auch feine nächsten Collegen, Peter Lnpinus und Andreas Karlstadt anschlossen, trugen viel dazu bei, daß sich überhaupt in Wittenberg 1) Er schob das Wörtchen „allein" dazwischen, also : „allein durch den Glauben."
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