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1. Die Neuzeit - S. 181

1884 - Mainz : Kirchheim
Zerstörung Magdeburgs. 181 beraubte dagegen die Zerstörung derselben nicht nur den siegreichen Gegner eines festen Stützpunktes sür seine ferneren Thätigkeiten gegen deu Schwedenkönig, sondern sie verschaffte demselben auch den unberechenbaren Vorteil, den Protestanten Deutschlands an einem augenscheinlichen, grauenerregenden Beispiele die Notwendigkeit des gemeinsamen Vorgehens gegen die „Bedrücker der protestantischen Glaubensfreiheit" vor Augen halten und ihre Rache gegen diejenigen entflammen zu können, die über das nugückliche Magdeburg um feines Glaubens willen die Brandfackel der Vernichtung geschwungen haben sollten. Wir kehren zu der furchtbaren Begebenheit felbst zurück. — Am dritten Tage ritt Tilly durch die rauchenden Trümmer und ließ unter Trommelschlag Quartier ausrufen (d. H. unentgeltliche Schonung des Lebens und der Freiheit). An der Thür der Domkirche trat ihm ein alter Geistlicher, der Domprediger Back, mit einer Menge Menschen, meist Frauen und Kindern, welche zwei Tage und Nächte ohne Nahrung zugebracht hatten, entgegen und bat um Pardon. Tilly ließ unter die Halbverhungerten Brod austeilen; dann besichtigte er die gefangenen Soldaten und schalt sie ans, daß sie sich nicht besser gewehrt und von der Stadt das Unglück nicht abgewendet hätten. In der That war der Untergang Magdeburgs auch für den Sieger, der auf einen Stützpunkt an der Elbe gerechnet hatte und statt dessen eine öde Brandstätte fand, ein harter Verlust. Mit Schmerz sah er seine früher gehegten Besorgnisse erfüllt und traf nun Anstalten, die Ordnung wiederherzustellen. Er ließ die Pappenheimscheu Regimenter , die bisher auf dem alten und neuen Markte gelegen waren, den Wall besetzen und gab strengen Befehl, daß keinem Einwohner mehr ein Leid zugefügt werden solle. Ob dies, wenn es früher geschehen, die Greuel, deren Andenken sich an feinen Namen knüpft, verhütet oder verkürzt haben würde, muß dahin gestellt bleiben; daß er an denselben Gefallen getragen, das Morden und Brennen befohlen habe, wird aber durch alle Umstände und durch Tilly's ganze' Sinnesart widerlegt. Es reicht hin, an den oben angeführten Brief zu erinnern. um die Überzeugung zu gewinnen, daß ein Feldherr, der an die Belagerten in solchem Tone geschrieben hatte, unmöglich zu feinen Soldaten gesagt haben kann, was nun auf feine Rechnung von Mund zu Munde durch die Jahrhunderte geht: „Mordet und brennet noch eine Stunde, dann will ich mich besinnen1)." Dieses Märchen ist hauptsächlich durch Schillers nnhisto-ryche Darstellung des dreißigjährigen Krieges beim großen Publikum eingeführt worden; die früheren beiderseitigen Berichte wissen nichts
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