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1. Die Neuzeit - S. 233

1884 - Mainz : Kirchheim
nicht habe thun können. Seine Hofleme bat er um Verzeihung wegen des schlimmen Beispiels, das er ihnen durch seine Verschwendung gegeben habe. — Als man nicht mehr an seinem nahen Tode zweifeln konnte, zogen sich immer mehr alle von ihm zurück und wandten sich dem Herzoge von Orleans, dem mutmaßlichen Regenten, zu. „Als ich noch König war!" hörte man ihn damals wiederholt schmerzlich sagen. Ties kränkte es ihn, daß selbst die Mmntenon ihn verließ. Man mußte sie wieder holen, und sie entschuldigte sich damit, sie sei nach St. Eyr gegangen (wo sie eine Erziehungsanstalt für adelige Damen gegründet hatte), um mit ihren Zöglingen für den König zu beten. Aber doch verließ sie ihn gleich daraus wieder aus Furcht vor dem Herzoge von Orleans. So war denn der sterbende König ganz allein. In den beiden letzten Tagen hatte er nur noch wenige lichte Augenblicke, und man hörte ihn wiederholt beten: „Mein Gott, hilf mir! Eile, mich zu erlösen!" Ob er wahrhafte Rene darüber empfand, daß er die Wohlfahrt des Volkes feinem Ehrgeize geopfert hatte, wer mag es entscheiden! Noch wenige Tage vor feinem Tode äußerte er zur Maintenon , als einzelner fei er keinem Genugthuung schuldig; was er aber in Beziehung auf den Staat wieder gut zu machen habe, dafür müsse er auf Gottes Barmherzigkeit hoffen. Ruhig und gefaßt entschlief er am 1. September 1715, früh um acht Uhr. Das Volk, das ihn einst fast vergöttert hatte, jubelte bei der Nachricht von feinem Tode. Der Pöbel verfolgte sogar den Leichenzug mit Verwünschungen und Beschimpfungen, so daß man die Leiche auf Nebenwegen nach St. Denis bringen mußte. Nur wenige zeigten Teilnahme. So endete ein Herrscher , der über ein halbes Jahrhundert das Scepter eines großen Reiches mit kräftiger Hand geführt, der im höchsten Glanze irdischer Hoheit gestrahlt hatte, und der auf die Geschicke Europas weit über seine Zeit hinans mächtig eingewirkt hat. Und ihm, den seine Zeitgenossen den Großen nannten, war von aller seiner Größe nichts geblieben, am wenigsten das, was dem Herrscher der herrlichste Schatz ist, die Liebe und Verehrung seines Volkes!
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