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1. Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte - S. 52

1895 - Gera : Hofmann
52 Drittes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der äußeren Geschichte. eine Doppelwahl erfolgt. Eine Kirchenspaltung stand bevor. Karl Iv. mußte es seinen Söhnen überlassen, die Einigkeit herzustellen; am 29. November raffte ihn in Prag, das er zu einem der vornehmsten Plätze Europas erhoben, ein schleichendes Fieber hinweg. „Habe deine Freunde lieb und sitze friedesam, und wenn du etwas mit Güte erreichen kannst, so laß den Krieg. Erweise jedem Zucht und Ehre. Habe den Papst und die Pf aff heit lieb und die Deutschen zu Freunden, so magst du desto besser in Frieden bleiben." Das war das Regierungsprogramm, welches er seinem Sohne eingeprägt hatte. Werfen wir einen Blick zurück auf die Persönlichkeit Karls und auf sein Walten. König Karl war an Bildung den zeitgenössischen Fürsten bei weitem überlegen, er sprach fünf Sprachen: seine litterarische Befähigung hat er in seiner Selbstbiographie bargethan; seinen künstlerischen Sinn durch den Dom zu Prag und das Schloß Karlstein, seinen wissenschaftlichen Eifer durch die Gründung der Universität Prag, der ersten deutschen Hochschule, bestätigt. Unermüdliches Wirken zeichnete ihn ans; körperliche Leiden achtete er gering. Seine Lebhaftigkeit gestattete so wenig den Händen, wie dem Geiste unbedingte Ruhe; in Mußestunden beschäftigte er sich mit Holzschnitzerei, selbst wenn er Vorträge hörte, pflegte er an Holzstäbchen herumzuschneiden. Die Eigenart seiner Regierungskunst und seines Charakters hat ein neuerer Geschichtschreiber in folgenden Zügen vortrefflich beschrieben: „Karl Iv. ist unter den deutschen Kaisern der vielgewandte Odysseus. Er wußte stets genau, was er wollte, und erreichte es meist, weil er nur mit den gegebenen Verhältnissen rechnete, nie das Unmögliche erzwingen wollte. Meisterhaft verstand er es, selbst die Feinde seinen Interessen dienstbar zu machen. Mit kluger List sie zu gewinnen, sie zu umgarnen, selbst zu täuschen, zog er einem offenen Kampfe bei weitem vor. Er vertraute dem Schwerte nicht, obwohl er es in der Jugend mit Ehren geführt hatte. Allerdings konnte es nicht fehlen, daß er durch trugvolles und listiges Wesen die Würde des Herrschertnms nicht selten bloßstellte. Gern zeigte er öffentlich Frömmigkeit und kirchlichen Sinn, unermüdlich sammelte er Reliquien, spendete er zu frommen Stiftungen. Er führte gegen die Päpste die ergebenste Sprache, aber hoch über seiner Devotion stand ihm sein Interesse. Sparsam und haushälterisch im täglichen Leben, scheute er große Opfer nicht, wo sie größere Vorteile erwarten ließen; schlicht und einfach, entfaltete er doch allen Pomp, wenn es galt, durch die Majestät feiner Erscheinung zu imponieren." Glänzende Erfolge hat Karl Iv. errungen, dennoch fand er bald nach feinem Tode die härteste Verurteilung, und gedankenlos wird noch heute das geflügelte Wort Maximilians nachgesprochen, daß er der Erzvater Böhmens, aber ein Erzstiefvater des Reiches gewesen sei. Tiefere Forschung, ruhige Überlegung wird aber auch die Vorzüge des Mannes erkennen lehren, der in der Goldnen Bulle dem Reiche eine feste Gestaltung zu geben suchte, dessen Hauptfehler darin bestand, daß er in einer selbstsüchtigen, an Idealen leeren Zeit ein praktischer Staatsmann gewesen ist.
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