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1. Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte - S. 228

1895 - Gera : Hofmann
228 Viertes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der deutschen Reformation. den ersten Apostel des Humanismus in Deutschland bezeichnen kann, durch seine jahrelang erfolglos versuchte Propaganda ermüdet und erbittert, zu einer grimmigen Verurteilung der Fürsten wegen ihrer Nichtachtung der Poesie gelangt; „wenn sie lieber", so hatte er gesagt, „Pferde und Hnnde haben wollen als Dichter, werden sie auch ruhmlos wie Pferde und Hunde hinsterben." An den Adligen hatte er nur Roheit und Völlerei bemerkt und wurde nicht müde, Geschichtchen über die Trunkenheit der Deutschen in seine Briefe einzumischen; von der Gelehrten unfruchtbaren Spekulationen und ihren wissenschaftlichen, d. h. den rein theologischen Untersuchungen sprach er nur mit einem an Verachtung streifenden Lächeln. Diese verschiedenartigen Äußerungen sind nicht zufällige Ergüsse, die eine hervorgerufen durch fassungsloses Staunen, die andere durch unkritisches Übelwollen, das sich infolge der unfreiwilligen Entfernung von der Heimat verschärfte, sondern unzweideutige Bemerkungen der vollkommen entgegengesetzten Stimmung, die sich der Italiener beim Anschauen deutscher Verhältnisse bemächtigte, und die, im wesentlichen richtig, den geistigen Zuständen Deutschlands entsprach. Denn ein großartiger Umschwung hatte sich innerhalb dieser vierzig Jahre in Deutschland vollzogen. An Italien knüpfte die Veränderung an, denn nach Italien waren die jungen Deutschen eifrig und lernbegierig ge- zogen und glaubten ihre Bildung erst vollendet, wenn sie mit reichen Schätzen heimgekehrt waren; trotz dieser Zusammengehörigkeit aber, ja Abhängigkeit von italienischer Kultur, welcher Unterschied zwischen italienischer Renaissance und deutschem Humanismus! In Italien war es eine gewaltige Geistesströmung gewesen, welche, fast zwei Jahrhunderte hindurch unaufhörlich fließend, selbst die widerstrebendsten Elemente mit fortreißend, schließlich dem Halt hatte gehorchen müssen, das elementare Kräfte ihr geboten; in Deutschland eine Bewegung, die kaum ein halbes Jahrhundert andauernd, von gleich mächtigen Gegnern im Siegeslaufe aufgehalten, endlich durch eine entschiedenere, die ganze Nation fortreißende Erregung in andere Bahnen gelenkt wurde; in Italien hatte das Eindringen der Fremden der Renaissance ein Ende bereit, in Deutschland trat an die Stelle des Humanismus die Reformation. Hier bezweckte die neue Bewegung, wenn sie auch nicht ausschließlich eine gelehrte war, doch zunächst nur eine Änderung der gelehrten Bildung, während sie in Italien eine Reform der gesamten Lebensanschauung und Lebensführung zur Folge hatte. In Italien waren alle, Geistliche und Laien, hoch und niedrig, geeint in demselben Streben — waren doch die Päpste, in der Unterstützung der Studien und in der Begünstigung ihrer Pfleger vorangegangen — in Deutschland dagegen waren die Humanisten selbst in Parteien gespalten, namentlich in Fragen, in denen Wissen und Glauben sich berührten. Die größere Vertiefung indessen, die Hinneigung zum Volksgemüt, wie sie sich im deutschen Humanismus zeigt, erweckte die Volkslitteratur nicht zu neuem Leben. Während in Italien die bedeutendsten Humanisten von Dante an bis zum Ende der Renaissanceepoche, die einen freiwillig, die andern halbgezwungen, der italienischen Sprache neben der lateinischen sich bedienten, so daß beiden Litteraturen gleichzeitig eine Blüte-
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