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1. Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte - S. 260

1895 - Gera : Hofmann
260 Viertes Buch. I. Abschnitt: Bilder aus der deutschen Reformation. und ausführte, wie aufrührerisches Treiben allemal Unheil bringe und wie die Obrigkeit dazu von Gott gesetzt sei, daß sie die Ordnung erhalte und unordentlichem Wesen steure. Keine der beiden Parteien fühlte sich hierdurch befriedigt, aber Luther blieb dabei: „Lieber selbst weniger Studenten, als Nachsicht gegen solche Ruhestörungen." Wieder und immer wieder hatte Luther es als sein christliches Recht gefordert, daß man ihm die vielen Irrlehren, deren er beschuldigt ward, als solche aus der H. Schrift beweise. Für den Fall hatte er völligen Widerruf versprochen. Allein wie billig, ja selbstverständlich auch das Geforderte war, er konnte es nicht erreichen. Die kirchlichen Gewalthaber blieben dabei, Widerruf ohne Überführung, ohne Erweis des Irrtums zu verlangen. Und sein Hauptgegner, Johann Eck, dem alles, was gegen Luther geschah, noch nicht genügte, war zornentbrannt nach Rom geeilt, um dort die von ihm gewünschten Unterdrückungsmaßregeln zu beschleunigen. Wie er erzählt, ward er mit offenen Armen aufgenommen, und er glaubte bald zu bemerken, daß sein Kommen ungemein notwendig war. Ohne ihn habe man in Rom die Allgemeinheit des Abfalls in Deutschland, die Größe der Gefahr gar nicht erkannt gehabt, durch ihn erst sei die Lage klar geworden. Der damalige Papst Leo X. war für seine Person auch jetzt noch nicht für einschneidende Maßregeln, besonders wenn sie ihm von Männern wie Perierias geraten wurden. Er, der Freund der Humanisten, war, wie sich schon in dem Renchlinschen Handel gezeigt hatte, durchaus kein Eiferer, aber er war den Verhältnissen nicht gewachsen, er war zu schwach. Oder richtiger, es zeigte sich, daß die Überlieferungen des Papsttums und die auf sie gegründeten Einrichtungen stärker waren, als der einzelne Papst; sie banden ihn und rissen ihn mit sich fort. Er war nicht nur ihr Vertreter, sondern auch ihr Knecht. So mußte denn auch hier Leo erst gedrängt werden, aber er ließ sich drängen. Dies geschah durch die Partei des mächtigen Dominikanerordens, an welche Eck sich anschloß. Sie brachte die gerade jetzt wieder auftauchende Angelegenheit Reuchlins, welche dem Papste schon so manche unangenehme Stunde bereitet hatte, in Zusammenhang mit Luthers Sache und wußte daraus für die letztere die Lehre zu ziehen, daß man gleich anfänglich recht entschieden auftreten müsse, um später viele Ungelegenheiten zu vermeiden. Ob man dazu ein Recht habe, ward gar nicht untersucht. Man setzte es voraus. Für die neue Frage ward eine eigene Kommission ernannt, an deren Beratungen der Papst mehrfach teilnahm, und in welcher auch Eck, dem Gott nach Luthers Ausdruck „einen Schwindelgeist" gegeben hatte, Sitz und Stimme erhielt. Ja in Wirklichkeit war er hier die eigentlich treibende Persönlichkeit; er ist, wie Luther sagte, in dieser Sache des Papstes heiliger Geist gewesen. Es gab in der Kommission auch eine gemäßigte Richtung, welche wenigstens die Form des Rechtes aufrecht erhalten wollte. Sie schlug vor, den Beschuldigten erst zu citieren und seine Verteidigung zu hören. Aber sie konnte hiermit gegen die Eiferer nicht durchdringen. Am 15. Juli 1520 ward eine Bulle erlassen, welche 41 Sätze Luthers als Irrlehren verdammte und ihm selbst zum Widerruf 120 Tage Frist ließ; nach Ablauf derselben sollte auch seine Person der Bann treffen. Woher jene Sätze kamen, ersieht man daraus, daß sie zum Teil fast wörtlich über-
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