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1. Deutsche Fürsten- und Ländergeschichte, deutsche Reformationsgeschichte - S. 285

1895 - Gera : Hofmann
6. Karl V. 285 daß er in feiner Entwickelung dahin gewesen wäre, sie zu übernehmen. Lange war man versucht, einen Spottnamen, den fein Vater gehabt, weil er seinen Räten allzuviel traute, auch auf ihn zu übertragen. Sein Schild führte das Wort: „Noch nicht." Ein Croi leitete ihn und feinen Staat vollkommen. Selbst während feine Heere Italien unterwarfen und wiederholte Siege über die tapfersten Feinde davontrugen, hielt man ihn, der indes ruhig in Spanien faß, für unteilnehmend, schwach und abhängig. Man hielt ihn so lange dafür, bis er im Jahre 1529, im dreißigsten feines Lebens, in Italien erschien. Wie viel anders zeigte er sich da, als man erwartete! Wie zuerst so ganz fein eigen und vollkommen entschieden! Sein geheimer Rat hatte nicht gewollt, daß er nach Italien ginge, hatte ihn vor Johann Andrea Doria gewarnt und ihm Genua verdächtig gemacht. Man erstaunte, daß er dennoch nach Italien ging, daß er gerade auf Doria fein Vertrauen fetzte, daß er dabei blieb, in Genua ans Land steigen zu wollen. Er war durchaus derselbe. Man nahm keinen überwiegenden Einfluß eines Ministers wahr; an ihm selber fand man weder Leidenschaft noch Übereilung, sondern alle feine Entschlüsse waren gereift; es war alles überlegt; fein erstes Wort war fein letztes. Dies bemerkte man zuerst an ihm; darauf, wie selbstthätig, wie arbeitsam er war. Auch begann er feine Unterhandlungen persönlich zu leiten, feine Heere selber anzuführen; er fing an von Land zu Land und immer dahin zu eilen, wo das Bedürfnis und die Lage der Geschäfte feine Gegenwart erforderten. Wir sehen ihn bald in Rom sich bei den Kardinälen über die unversöhnliche Feindschaft Franz' I. beklagen, bald in Paris die Gunst der Eftampes suchen und gewinnen, bald in Deutschland dem Reichstage Vorsitzen, um die religiöse Entzweiung beizulegen, bald in den caftilifchen Cortes bemüht, im Servicio stimmen zu lassen. Das sind friedliche Bemühungen; öfter aber steht er an der Spitze seiner Heere. Er bringt über die Alpen in Frankreich vor und überschwemmt die Provence; er setzt Paris von der Marne ans in Schrecken. Dann kehrt er um nach Osten und ©üben. Den Siegeslauf Solimans hält er ein an der Raab; er sucht den Halbmonb bei Algier auf. Das Heer, welches ihm in Afrika gebient, folgt ihm an die Elbe, und auf der Lochauer Heibe hört man das Felbgefchrei: „Hifpania". Da ist Karl das am meisten beschäftigte Haupt der Welt. Gar manchmal schifft er über das Mittelmeer, über den Ocean. Jnbeffen finb feine Seeleute Entbecker in früher nie befahrenen Meeren, feine Krieger Eroberer von früher nie betretenen Erben. In so weiter Ferne bleibt er ihr Regierer und Herr. Sein Wahlfpruch: „Mehr, weiter!" hat eine glorreiche Erfüllung. So ist fein Leben, wenn wir es im ganzen betrachten, nach ungewöhnlich langem Ruhen voller Thätigkeit. Nun ist es merkwürbig genug, daß die nämliche Erscheinung, anfangs Ruhen, Warten, Zusehen, spät die That, auch währenb seines bewegtesten Lebens in den einzelnen Ereignissen immer wieberkehrt. Obwohl in der allgemeinen Willensrichtung völlig entfchieben, faßte er, Fall für Fall, boch nur langsame Entschlüsse. Auf jeben Vortrag antwortete er anfangs unbestimmt, und man mußte sich hüten, feine viel-
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