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1. Von den Anfängen der griechischen Geschichte bis zum Regierungsantritt Karls d. Gr. - S. 127

1912 - Frankfurt am Main : Diesterweg
I. Germanische Art und Sitte. 127 Alle diese niederen Wesen stehen an Kraft unter dem Menschen. Anders die Riesen, die Feinde der Menschen und Götter, die in düsteren Wäldern Hausen voll ungeschlachter Kraft, die Verkörperung der erstarrten Erde, der Eisfelder, der unzugänglichen Gebirge, des Nebels und der Finsternis. Loch oben im Himmelsraum, im Asengard, thronen die höheren Gottheiten, die menschenfreundlichen Äsen, die Lenker der Welt. Ihr Wohnsitz liegt im Geäst der Weltesche, an deren Fuße der Himmels-quell sprudelt. An seinem Rande sitzen schweigend die Nornen. In Asengards Mitte liegt Walhalla, die Kampfeshalle, die goldstrahlende Burg des Asenkönigs und Kriegsgottes Wodan (Odin). Der Norden nennt ihn gern Leervater, Walvater, Sigvater und brachte ihm Menschenopfer dar. Schweigend thront „Allvater" mit seinem einzigen Auge (der Sonne) im glanzerfüllten Saale und schaut als „Totengott" den Kampfspielen seiner Helden zu, die auf irdischer Walstatt gefallen, aber von den jungfräulichen Walküren, seinen Heldenmädchen, au schnellen Rossen nach Walhalla getragen worden sind, wo sie, zu neuem Leben erwacht, sich weiter am Kampf ergötzen. Wer dagegen den „Strohtod" gestorben ist, verfällt dem Niflheim (Nibelungenreich), dem Reiche der Hel a. Nach anderer Überlieferung lebt der Tote nur dann fort, wenn er beerdigt oder die Asche des Verbrannten aufbewahrt wird (Urnen und Hünengräber). Damit das Jenseits dem Diesseits gleiche, wurden auch Waffen und Rosse mit begraben oder mit verbrannt, so daß auch deren „Seelen" mit in das Jenseits wanderten. Umwallt vom blauen Luftmantel, das Haupt mit dem Wolkenhute bedeckt, das Zepter in der Rechten, so thront der langbärtige Wodan unter den Äsen. Über alles liebt er des Krieges Abbild, die wilde Jagd. Wenn er am stürmischen Herbsttag auf achtfüßigem Rosse an der Spitze des Afengefolges als „Sturmgott" und „wilder Jager" durch die Wälder rauscht, dann wehe dem, der dem „Wode", dem „wütenden", wilden Luftdämon in den Weg tritt trotz der Warnung des „getreuen Eckart"! Aber nicht immer fährt er so furchtbar einher. In den zwölf geweihten Nächten, zur Zeit der Wintersonnenwende, besucht er, als Wanderer verkleidet, friedlich die menschlichen Wohnungen und sieht sich mit alles durchdringendem Blicke prüfend um; dann erscheint er der „Watende", der „Durchdringende". Als solcher ist er seiner Natur gemäß auch der Erfinder der Runen und aller Listen. Steigt die Lenzessonne höher, so überwindet er die Eisriesen, wirft sie gebunden in Bergklüfte, feiert mit der bräutlich geschmückten Erdgöttin Ostara sein Hochzeitsfest und übernimmt aufs neue die Herrschaft über die Erde: der Luftdämon wurde allmählich zum Gotte der Fruchtbarkeit. Wie naturfroh ist die Phantasie des Germanen!
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