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1. Lehrbuch der alten Geschichte für die oberen Klassen höherer Lehranstalten - S. 67

1886 - Hannover : Meyer
67 Weise ist vollkommen tugendhaft, er beherrscht durch Selbstbeherrschung die Welt srei von jeder Leidenschaft, er ergiebt sich auch ruhig in das Unabänderliche, zufrieden mit dem Bewußtsein, Vernunft- und pflichtgemäß gehandelt zu haben. Im Gegensatz zu den Stoikern steht der Epiknreismns. Ans der Philosophie des Aristipp von Cyrene entwickelte der attische Philosoph Epikur seine Lehre, daß das höchste Gut des Menschen die Glückseligkeit sei, welche in der Lust bestehe. Die Götter Verhalten sich völlig gleichgültig gegen das Treiben der Menschen, leben in behaglicher Ruhe, unbekümmert um Lust und Leid der Menschen. Wenn auch Epikur noch lehrte, daß dauernde Glückseligkeit nur durch die Tugend zu erlangen sei, fröhnten feine Jünger ausschließlich bcr Sinnenlust. Daher hat man den Epiknreismns mit Recht die Philosophie des Egoismus und der Genußsucht genannt. Neben der Philosophie blühte zu Athen die Skulptur. Unter den Bildhauern glänzten Skopas aus Paros und Praxiteles aus Athen. Skopas schuf die Niobiden-Gruppe und die Aphrobite von Melos und arbeitete gegen das Enbc seines Lebens auch am Mausoleum, dem Grabmal des Königs Mausolus zu Halikarnaß, welches die Alten zu den 7 Wunbern der Welt rechneten. Unter den Werken des Praxiteles ragt die Aphrobite von Knibus hervor, aufgefaßt in dem Moment, wo sic das Gewanb abgestreift hat und ins Bab steigt. Sie erschien bcn Alten als das wahre Abbild bcr himmlischen Göttin auf Erben. In bcr Architektur würde die ionische Säule zur korinthischen weiter-gebildet. Das Kapital steigt in Gestalt eines Korbes ober geöffneten Blumenkelches , des Akanthus, empor. Die korinthische Säule schmückte besonbers bic Prachtbauten reicher Bürger, währenb Tcmpclbautcn seltener würden. Die Malerei erreichte um 400 ihren Höhepunkt. Aus Kleinasien war sic nach Athen gelangt, wo Zeuxis und Parrhasius als Künstler vor allen hervorragten. Die Sage erzählt, sie seien zu Ephesus einen Streit eingegangen , wer in der Sinnestäuschung das beste leiste. Zeuxis malte Weintrauben, die so natürlich waren, daß die Vögel barauf zuflogen; Parrhasius stellte aber eine Leinwanb so treu bar, daß Zeuxis das eigentliche Gemälbe hinter dieser Leinwanb vermutete. Ein Gemälbe des Zeuxis zeigte einen Knaben, der Weintrauben trug. Als Vögel barauf zuflogen und nach bcn Trauben pickten, geftanb bcr Künstler offen, daß er bic Trauben besser gemalt habe, als bcn Knaben, ba sich sonst die Vögel vor biesem gefürchtet haben würden. Zeuxis soll in Ephesus gestorben fein am Lachkrampfe über ein von ihm selbst gemaltes altes Weib. Auch die Beredsamkeit erreichte ihre höchste Blüte. Als Muster des einfachen Stils wirb Lysias gepriesen; Regeln bcr Rebekunst und Muster-rcbeit, die durch den Wohlklang der Sprache berühmt waren, gab Jsokrates; der größte Redner aber, der vor allem auch dem Vaterlande seine Kräfte weihte, war Demosthenes. 5*
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