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1. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 34

1910 - Regensburg : Manz
34 Ursprung der Reformation in England. Heinrich Viii. »defensor fidei.« Heinrich Viii. von England. Die Reformation hat in keinem Lande eine so unlautere Quelle wie in England, wo sie sich an der sündhaften Leidenschaft eines Wollüstlings entzündete und an dessen blutdürstiger Tyrannei ihr Dasein fristete. Heinrich Viii. lebte mit Katharina von Aragonien bereits in 17jähriger Ehe, aus welcher drei Söhne und zwei Töchter entsprossen waren, und hatte sich laut glücklich gepriesen, eine so tugendhafte und vortreffliche Gemahlin zu besitzen, als sündhafte Begierde ihn zum Ehebruch und Abfall von der alten Kirche führte. Das Hoffräulein Auua Boleyn, am Pariser Hofe in allen Künsten erzogen, welche hochstehende Liebhaber zu fesseln vermögen, entflammte durch ihre Reize die Leidenschaft des Königs. Heinrich glaubte ohne ihren Besitz nicht leben zu können; aber die Königin stand im Wege. Da erhoben sich zum erstenmal Bedenken über die Rechtmäßigkeit seiner Ehe. Katharina war früher an Arthur, des Königs älteren Bruder, vermählt gewesen; dies sollte jetzt als Grund zur Scheidung dienen, obwohl Papst Julius Ii. damals Dispens vom Hindernisse der Blutsverwandtschaft erteilt hatte. Heinrich wandte sich nach Rom. Doch zeigte sich bald, daß er sich in seiner Hoffnung getäuscht hatte. Wenn der päpstliche Stuhl die Sache anfangs nicht ganz und gar abschnitt, sondern auf eine lange Untersuchung hinauszuschieben snchte, um die Leidenschaft Heinrichs abzukühlen, so läßt sich dies daraus rechtfertigen, daß bei den damaligen politischen Verwicklungen in Europa alle mögliche schonende Rücksicht gegen den englischen König genommen werden mußte. Als Heinrich, der von niemand Widerspruch ertrug, seinen Willen nicht sogleich erfüllt sah, erfaßte ihn gewaltiger Ingrimm. Zuerst traf sein Zorn den Kanzler Kardinal Wolfey, Erzbischof von Iork, der Hoffnung auf die Ehescheidung gemacht hatte. Der früher so mächtige Minister wurde des Hochverrates angeklagt (1529) und starb bald darauf; Verdruß und Krankheit hatten seine Lebenskräfte ausgezehrt. Nun regten sich in des Königs Busen verhängnisvolle Umsturzpläne, welche sich zunächst in ungemeffenen Drohworten gegen den Papst und das Papsttum Luft machten, und bald fand sich der Mann, der ihnen Macht und Nachdruck gab. Damals hatte die deutsche Reformation bereits ihre völlige Ausbildung erreicht. Viele Satzungen Luthers erinnerten die Engländer an John Wtclef, der im 14. Jahrhundert in England gegen Papst, Hierarchie und Transsnbstantiation lehrte, predigte und schrieb, der wie Luther auf die Schrift allein mit Ausschluß der Tradition feine Lehre gründete und eine neue Übersetzung der Bibel veranstaltete. Heinrich Viii. war nach dem ganzen Gange feiner Jugendbildung allen Neuerungen im Dogma feind. Als Martin Luther in feiner Schrift von der babylonischen Gefangenschaft der Kirche sogar die Siebenzahl der Sakramente antastete und so ein Heiligtum angriff, welches selbst Wtclef respektiert hatte, schrieb der König gegen ihn eine Verteidigung der sieben Sakramente: Assertio septem sacramentorum ad-versus Martinum Lutherum, edita ab invictissimo Angliae et Franciae rege et domino Hiberniae, Henrico eius nominis octavo. Lond. 1521. Das Werk ist bei Lebzeiten des Königs dreimal aufgelegt worden und gefiel dem Papste Leo X. so sehr, daß er dem König den Titel »defensor fidei« verlieh, welchen Elemens Vii. bestätigte. Luther gab im ^zahre darauf die Antwort »Contra Henricum Angliae Regem Martinus Lutherus« in Ausdrücken der Ungebundenheit, wie sie eben nur aus der Feder eines Luther fließen konnten. Auch jetzt hatte Heinrich, so voll Unwillen er auch war, keineswegs im Sinne, zu den Lehren Luthers, den er haßte, überzutreten. Er wollte sogar zuerst bloß drohen und wäre durch eine günstige Erklärung Roms in der Scheidungssache damals wieder umzulenken ge-
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