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1. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 81

1910 - Regensburg : Manz
Bild eines Kriegshaufens. 81 Wehren ihrer Hintermänner zu lassen. „Ein Blatt" mit Schwertern und Hellebarden folgte, in dessen Reihe die ersten drei Fähnlein flatterten. Die Mitte füllten alle langen Spieße, deren Kern, sämtlich kurze Wehren, vier der zehn Fähnlein umschlossen; daraus starrte abermals ein Wald von Spießen entgegen, zunächst ein Glied mit kurzen Wehren mit den hintern drei Fähnlein. In dem „letzten Blatt" waren die stärksten, bestbewährten Leute mit langen Spießen aufgestellt, gewöhnlich Doppelföldner. So oft es zur offenen Schlacht ging, beobachtete das deutsche Fußvolk unverbrüchlich die Sitte, niederzuknien und ein Gebet zu verrichten, auch wohl ein geistliches Lied anzustimmen. War das Regiment vom Gebet ausgestanden, so warf es nach uralter Kriegssitte den Staub hinter sich oder schüttelte ihn von Schuhen und Wams, als entledigte es sich alles Schlechten und weihte sich dem Schlachtengeschick; dann senkten die Knechte den Spieß. Vor der ersten Reihe ritt oder ging der Oberst, neben ihm die Hauptleute des Regiments; ein späteres Jahrhundert fand die Rücksicht billig, daß die Befehlshaber um der gemeinsamen Sache willen ihre Person hinter den Gliedern schirmten. Wollen wir uns ein recht lebendiges Bild dieser abenteuerlichen Kriegshaufen entwerfen, so betrachten wir die ergötzlichen, buntgefärbten Holzschnitte, mit welchen Melchior Psinzing, Probst in Nürnberg, im Jahre 1517 feinen Theuerdank kunstreich verzieren ließ. Wie sie da auf 118 Tafeln vor uns stehen, jeder anders nach seiner Laune oder nach seinen Verhältnissen gekleidet und bewehrt, der eine mit der Pickelhaube, der andere mit geschlossenem Helm, jene mit dem Hute oder dem Federbarett, im Brustharnisch, im Halskragen, Krebs, diese mit gesälteltem Wams, bald mit ausgenähten bald mit bunt und kraus ausgeschlitzten Ärmeln, dort im Koller, hier wieder im mannigfaltigsten, sonderbarsten Schnitte der Hofen von der Pracht der vielfach gepanschten Pluderhosen bis zur enganschließenden, an die Ferse sich herabschmiegenden Reiterhose, ein jeder gegurtet an Hüsten und Knien und beschuht, ganz wie es ihm gemächlich oder schön dünkte; dabei die verschiedenartigste Tracht des Bartes und der Haare; endlich Waffen, wie jeder sie in der Werkstatt aus der Väterzeit ausgehängt sand oder den Feinden abnahm, Wurfspieße, lange Lanzen, Schäfte mit mannigfach geformter Spitze, Hellebarden, Partisanen, Morgensterne, Fausthämmer, Schlachtschwerter oder kurze breite Landsknechtsdegen, welche der Bequemlichkeit halber quer um den Leib gegürtet wurden; wieder andere mit unförmlichen Hackenbüchfen, die Pulverflasche an der Hüfte, wie die Schließer ihren Schlüsselbund oder die altert Schreiber ihr Schreibzeug. Denken wir uns nun zehn-bis fünszehntauseud so grillenhaft aufgeputzter Gesellen, voran einen Kriegsmann hoch zu Roß, vom Kops bis zum Fuß geharnischt, von feinen Trabanten in noch wunderlicherer Tracht und von feinen Hunden umkreist, die Fähnriche mit den turmhohen Fahnen, die Trommler mit ihren Trommeln, groß wie Weirtfäffer, und hinter ihnen den regellos singend und fluchend einherziehenden hellen Hausen — da sehen wir den wichtigsten Teil der Heeresmacht, mit welcher Karl V. die Welt irrt Zaume hielt, den König Franz bei Pavia, die Türken in Ungarn und Tunis und die deutschen Fürsten und Stände in die Flucht schlug. Der Gesang war unter dieser Kriegsmannfchaft zu Haufe; viele der ersten Landsknechte waren selbst Dichter. Neben vielen gemütlichen Seiten, welche das Kriegsleben damaliger Zeit darbot, fehlte es jedoch nicht an Gewinnsucht, Frechheit, Gewalttat, Meuterei und ausgelassenen Possen, bei Hauptleuten sowohl als dein gemeinen Volke. Freundes- und Feindesland wurde auf den Zügen mit gleicher Wildheit behandelt, so daß besonders Frankreich wenig Segen verspürte, wenn es deutsche (idle in feinen Sold rief. Gier nach erhöhtem Solde brach oft den wichtigsten Unternehmungen die Spitze ab. Daß überhaupt der Kriegsdienst so früh vom kaufmännischen Gesichtspunkt aus betrachtet zu werden begann, mußte unedle Interessen erwecken. Schöppner-Kömg, Charakterbilder, ui. 4. Aufl. ß
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