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1. Charakterbilder aus der Geschichte der Apostasie der Völker - S. 87

1910 - Regensburg : Manz
Charakterzüge Calvins. Seine Gesetze. Johann Calvin. Iohannes -Calvinvs Anno ■ A.tatis H - Prompte Et Sincere Johann Calvin, geboren zu Noyon 1509, trat zu einer Zeit als Reformator auf, als in Deutschland die lutherische Reformation mit der freien Entwicklung und Forschung, die Melanchthon durchzuführen suchte, in immer stärkeren Kampf geriet und sich nur noch durch strengen, Geist tötenden Buchstabeuglaubeu halten konnte, als in der Schweiz Zwingli bereits gestorben, der Unmut über ihn und sein Werk sich vieler Gemüter bemächtigt hatte und infolge der Auflösung aller Bande an vielen Orten große Sittenlosigkeit eingerissen war, die die weltliche Obrigkeit vergeblich mit Polizeigesetzen bekämpfte. Die lutherische Reformation hatte bis dahin nur die Fürstengewalt gesteigert, das Volk in religiöser Beziehung geknechtet. Zwingli hatte nur abgeschafft und zerstört und den kältesten Deismus gefördert, der dem Verstände zu wenig gab und das Herz leer ließ. Die Wiedertäufer waren wegen ihrer Ausschweifungen verhaßt. Verstand es in diesem Augenblick ein unternehmender Mann, der sich den neuen Prin- zipien zugewendet, diese Lage der Dinge zu benützen, so konnte er sich zum unbeschränkten Gesetzgeber auswerfen, Lenker der revolutionären Bewegung werden und ihr eine beliebige Richtung geben. Dies verstand Calvin, der wie die meisten Reformatoren erst in späterer Zeit sich auf das Studium der Theologie geworfen und bei dem Mangel an tüchtiger Vorbildung bald zu einer verkehrten Anschauung des Christentums kommen mußte, welches ihm ohnehin nur von der theoretischen Seite bekannt war. Er wandte sich nach Genf. Die beispiellose Ausgelassenheit, die dort als Folge der Verbreitung Zwinglischer und anderer Lehren eingerissen war, erweckte in ihm den Plan, die Stadt durch die höchste, finsterste Strenge zu größerer Sittenreinheit zurückzuführen. Und doch war Calvin selbst tief in Leidenschaften und Laster verstrickt. Der Unlauterkeit überführt, soll er dem Feuertode verfallen gewesen sein; aber die Strafe wurde ihm in die des Brandmals auf der Schulter verwandelt. Geistiger Hochmut, Herrschsucht, Unversöhnlichkeit, Rachsucht, Wollust, Herz- losigkeit und Grausamkeit traten als markierte Züge seines Charakters hervor. Trefflich kam ihm für seine Herrschaft die von ihm ausgebildete Lehre von der Vorausbestimmung (Prädestination) zu statten, welche eine sklavische Unterordnung des Willens und die Vernichtung der menschlichen Freiheit zur Folge hatte. Nachdem er zuerst 1538 wegen seiner Strenge verbannt, dann aber wegen der steigenden Ausgelassenheit der sogenannten Libertins 1541 nach Genf znrückgerufen worden war, wurde er zuletzt Oberhaupt und Gesetzgeber der Stadt, dem alt und jung gehorchte. Die katholische Religion wurde
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